# taz.de -- Drohbrief: Ein mulmiges Gefühl
       
       > Nach dem Drohbrief an die Sehitlik-Moschee besucht die
       > Integrationssenatorin Dilek Kolat den dortigen Freitagsgottesdienst.
       > Gemeindemitglieder, die den Brief kennen, zeigen sich besorgt.
       
 (IMG) Bild: Senatorin Dilek Kolat besucht die Neuköllner Sehitlik-Moschee. Links neben der Senatorin der Integrationsbeauftragte Günter Piening, rechts Kulturstaatssekretär André Schmitz.
       
       Voll ist es zum Freitagsgebet in der Neuköllner Sehitlik-Moschee immer.
       Hunderte muslimische Berliner, überwiegend Männer, finden sich zum
       wichtigsten islamischen Gottesdienst der Woche dort ein. Dass in dieser
       Woche ungewöhnliche Gäste auf der Galerie der Moschee sitzen, fällt vielen
       Betenden gar nicht auf.
       
       Und auch von dem Grund des Besuchs wissen viele nichts. In einem neun
       Seiten langen Brief an die Gemeinde wurden deren Mitglieder vor einer Woche
       von Unbekannten aufgefordert, innerhalb der nächsten sechs Monate die Stadt
       und Deutschland zu verlassen. Sollte das nicht geschehen, wird Gewalt
       angedroht.
       
       Vor dem Gebet sitzt Ender Cetin, der Vorsitzende der Gemeinde, deshalb mit
       Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) in seinem Büro. Ein "Zeichen der
       Solidarität" wolle sie mit ihrem Besuch beim Freitagsgebet setzen, sagt
       Kolat: "Migrantinnen und Migranten gehören zu unserer Stadt, wir sind eine
       Gesellschaft." Ihr Besuch kommt bei der Gemeinde gut an: "Wir hätten Sie
       gerne aus einem anderen Anlass das erste Mal in unserer Moschee begrüßt",
       sagt Cetin. "Aber wir sind froh, dass Sie da sind."
       
       Die Gemeinde hat Anzeige gegen die Verfasser des Anschreibens erstattet,
       der Staatsschutz ermittelt. "Eigentlich wollten wir den Brief nicht an die
       große Glocke hängen", sagt Cetin. Aber die Moschee hat bereits vier
       Brandanschläge erlebt: "Da bekommt man dann doch ein mulmiges Gefühl." Auch
       sie habe erst über den Brief lachen wollen, erzählt ein weibliches
       Gemeindemitglied. "Aber als ich ihn dann gelesen habe, neun Seiten lang,
       habe ich gemerkt: Da meint es jemand richtig ernst."
       
       ## Post vom Innensenator
       
       Auch die Politik nimmt den Brief sichtlich ernst: Mit der Senatorin sind
       ihr Staatssekretär Farhad Dilmaghani und der Integrationsbeauftragte des
       Senats, Günter Piening, gekommen. Auch Kulturstaatssekretär André Schmitz
       nimmt am Gebet teil, zudem VertreterInnen des Lesben- und Schwulenverbandes
       und einige Abgeordnete. Innensenator Frank Henkel (CDU) hat Ender Cetin
       einen Brief geschrieben und ihn angerufen. Polizeischutz hat die abseits
       von Wohngebieten am Rande des Tempelhofer Feldes gelegene Moschee nicht.
       
       Es sei schwer, die Ernsthaftigkeit des Briefes einzuschätzen, sagt Ender
       Cetin. Dem 35-jährigen geborenen Berliner ist die Erschütterung über das
       Schreiben, das alle Muslime auffordert, Deutschland zu verlassen,
       anzusehen. Vor zwei Tagen hat eine weitere muslimische Gemeinde in Berlin
       den gleichen Brief erhalten.
       
       17 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alke Wierth
       
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       Ender Cetin ist der Gemeindevorsitzende der Sehitlik-Moschee. Nach einer
       inzwischen aufgeklärten Serie von Brandanschlägen wurde der Gemeinde wieder
       gedroht.