# taz.de -- Klitschko gegen Chirsora: Die Gewalt aus der Gosse
       
       > Vitali Klitschko schlägt Herausforderer Dereck Chisora. Aber das
       > Spektakel findet nicht im Ring statt, sondern bei der Pressekonferenz,
       > die zur Schlägerei ausartet.
       
 (IMG) Bild: Boxer ringen im Ring: Vitali Klitschko und Dereck Chisora.
       
       MÜNCHEN taz | Vitali Klitschko will weg, möglichst weit weg von dem
       Gesindel, das ihm gerade den Sieg verdorben hat. Wohl gern nach New York in
       den Madison Square Garden. Dort fand wohl eine Party zu Ehren Muhammad Alis
       statt, der im Januar 70 Jahre alt geworden ist. Klitschko, gefangen in
       einem unwürdigen Spektakel in München, erwähnte diese Feier auf der anderen
       Seite des Atlantiks immer wieder. Als könnte ihn allein der Gedanke daran
       in eine andere Welt katapultieren. In eine andere Zeit am besten.
       
       In eine Zeit, als das Boxen noch sportliche und seine Protagonisten
       menschliche Größe besaßen. In eine Zeit, als Gegner wie die beiden Briten
       Dereck Chisora und David Haye sich in der Gosse hätten prügeln dürfen, aber
       nicht im Rampenlicht vor einem Millionenpublikum. Vitali Klitschko kann
       einen Kontrahenten wie Chisora allein mit seiner Rechten in Schach halten,
       das hat er in der Nacht zu Sonntag in der Olympiahalle bewiesen. Durch Zeit
       und Raum reisen, das allerdings kann er nicht.
       
       Also entkam er dem nicht, was wie die übliche Inszenierung einer
       Weltmeisterschaft im Schwergewicht begonnen hatte und mit Polizisten auf
       Spurensuche und einem festgenommenen Herausforderer endete. Aber der Reihe
       nach: Dereck Chisora stieg zum Klitschko-Herausforderer auf, weil für
       diesen Job kaum noch jemand infrage kommt. Alle ernsthaften und auch alle
       nicht ernsthaften Gegner haben die Brüder aus der Ukraine bereits besiegt.
       Also Chisora. Zunächst war der 27-jährige Brite als Gegner von Wladimir
       Klitschko vorgesehen, doch der musste im vergangenen Jahr zweimal verletzt
       passen und trat dann lieber gegen den namhafteren David Haye an.
       
       ## Chisora marschierte mutig
       
       Schon im Vorfeld des Duells mit Vitali präsentierte sich Chisora als Gegner
       mit großer Klappe und schlechtem Benehmen. Eine frühere Anklage wegen
       illegalen Waffenbesitzes und die Bewährungsstrafe für das Verprügeln seiner
       Exfreundin passten ins Bild. Am Freitag wurde es dann skurril: Beim
       offiziellen Wiegen ohrfeigte Chisora den Titelverteidiger. Klitschko war zu
       überrascht und zu gut erzogen, um zu reagieren.
       
       Der 40-Jährige wollte das ungebührliche Verhalten des Herausforderers im
       Ring bestrafen. Das allerdings gelang ihm nur bedingt. Chisora marschierte
       mutig, vielleicht auch einfach in selbstzerstörerischem Eifer voran. Seine
       Schwinger konnten Klitschko nichts anhaben, sahen aber spektakulär aus. Und
       Klitschko? Er kam nie in Gefahr, landete einige krachende Schläge mit
       rechts, sah aber nicht all zu souverän aus. Vitali sei "alt und langsam"
       lautete dann auch gleich das Fazit von David Haye, der als Experte für das
       englische Fernsehen am Ring war.
       
       "Ich habe ab der vierten Runde nur noch mit einer Hand geboxt", erklärte
       hingegen Vitali Klitschko. Er habe seinen linken Arm kaum noch bewegen
       können. Möglicherweise sei eine alte Schulterverletzung wieder
       aufgebrochen. "Das sind keine Entschuldigungen, das ist die Wahrheit",
       betonte Klitschko. Am Sonntag wollte er sich in einer Münchner Klinik
       untersuchen lassen. Er sei ein bisschen enttäuscht, so der alte und neue
       WBC-Weltmeister, weil er Chisora gern einen Knockout verpasst hätte.
       Trotzdem gäbe es keine Zweifel. "Ich habe den Kampf dominiert." Auch mit
       einer Hand.
       
       ## "You are out. Out, out, out."
       
       Das Geschehen danach dominierte Dereck Chisora. Noch im Ring spuckte er
       Wladimir Klitschko einen Schwall Wasser ins Gesicht. Und bei der
       Pressekonferenz rastete er dann völlig aus. Auch Haye hatte sich
       eingefunden, er wollte hören, was das Klitschko-Lager zu einem möglichen
       zweiten Haye-Kampf, diesmal gegen Vitali, sagt. Manager Bernd Bönte
       erteilte ihm jedoch eine Absage: "Wir habe dir ein Angebot vorgelegt, und
       du hast es nicht akzeptiert, den Kampf wird es nicht geben." Haye begann zu
       zetern, das stimme nicht, er sei mit allem einverstanden gewesen. "You are
       out", brüllte Bönte. "Out, out, out."
       
       Plötzlich mischte sich Chisora ein. Haye solle still sein, er habe seine
       Chance gehabt und mit seinem schwachen Auftritt gegen Wladimir Klitschko
       den jungen Boxern in Großbritannien alle Chancen verbaut. Seinetwegen sei
       der Fernsehsender Sky aus dem Boxen ausgestiegen. Haye nannte Chisora einen
       "dreifachen Verlierer". Dann eskalierte die Situation. Chisora sprang auf,
       rannte zu Haye, drohte, ihn zu erschießen. Fäuste flogen, Flaschen, ein
       Kamerastativ, Haye-Manager Adam Booth hatte ein blutüberströmtes Gesicht.
       Chisora wurde am Sonntag von der Münchener Polizei festgenommen und
       verhört.
       
       19 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Rohlfing
       
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