# taz.de -- Arbeitsmarktpolitik: Mindestens 8,50 sollen es sein
       
       > Rot-Grün beschließt in der Bürgerschaft die Einführung eines Mindestlohns
       > von 8,50. Die CDU ist ganz dagegen, die Linke hätte gerne mehr.
       
 (IMG) Bild: Auch die alljährliche Autowerbung in der Fußgängerzone soll 8,50 Euro die Stunde kosten.
       
       Nein, die Bundesratsprotokolle lese er nicht "abends bei einem Glas Wein -
       da habe ich besseres zu tun". Mit diesem Satz sorgte Jörg Kastendiek, der
       arbeitsmarktpolitische Sprecher der CDU, für Gelächter in der gestrigen
       Landtagssitzung. Zuvor hatte ihm der grüne Abgeordnete Frank Willmann
       vorgehalten, er hätte vor einem Jahr die CDU-geführten Bundesländer davon
       überzeugen können, sich mit Bremen im Bundesrat für einen Mindestlohn
       einzusetzen. Anstatt sich jetzt darüber zu beklagen, dass Rot-Grün hier
       einen eigenen Mindestlohn einführt, weil die schwarz-gelbe Bundesregierung
       sich dazu nicht durchringen kann.
       
       Zum Lachen war die Bürgerschaftsdebatte dabei eigentlich nicht, zeigte sie
       doch vor allem die Not der CDU, ihren Widerstand gegen einen Mindestlohn
       auf Landes- oder Bundesebene zu begründen. So wolle nämlich auch er, dass
       "Menschen von ihrer Arbeit leben können", sagte Kastendiek. Dazu sei,
       wiederholte er die auch von der Bundes-CDU hervorgebrachten Argumente, aber
       nur eine Lohnuntergrenze für Branchen geeignet, die nicht tariflich
       geregelt seien. Einen branchenübergreifenden Mindestlohn lehne die CDU ab,
       weil dies zum einen die Wirtschaft gefährde und zum anderen in die
       Tarifautonomie eingreife. Dass Willmann zuvor vorgerechnet hatte, dass
       "eine Friseurin in Sachsen" nur einen Tariflohn von drei Euro bekommt,
       konterte Kastendiek mit der "mangelnden Anziehungskraft der
       Gewerkschaften".
       
       Dass sich immer weniger Menschen gewerkschaftlich organisierten und für
       besser Arbeitsbedingungen kämpften, sei zwar richtig, sagte dazu Claudia
       Bernhard von der Fraktion der Linken. Der Grund sei aber die prekäre
       Beschäftigungssituation vieler ArbeitnehmerInnen und die Angst vor einem
       Jobverlust. Anders als die CDU hält die Linke den Bremer Mindestlohn für
       richtig - aber zu niedrig. Sie forderte gestern 10 statt der von Rot-Grün
       gewollten 8,50 Euro. Dies diene nicht zuletzt der Vermeidung von
       Altersarmut, so Bernhard.
       
       Wie sie hob der grüne Arbeitsmarktpolitiker Willmann die frauenpolitische
       Dimension hervor. So verdiene jede fünfte Frau in Bremen weniger als 7 Euro
       in der Stunde.
       
       Auch der CDU-Abgeordnete Kastendiek machte sich Sorgen über die
       Beschäftigungssituation von Frauen. Ein Mindestlohn habe nämlich gerade
       negative Auswirkungen für Frauen, weil, das zeige das Beispiel Frankreichs,
       für diese dann gar keine Arbeit mehr da sei. Im übrigen sei ein Mindestlohn
       in Bremen aber auch gar nicht notwendig, weil laut einer Studie im Auftrag
       der Friedrich-Ebert-Stiftung nicht einmal zehn Prozent der Bremer
       ArbeitnehmerInnen weniger als 8,50 Euro in der Stunde verdienen würden.
       "Die Situation ist also gar nicht so dramatisch", folgerte Kastendiek.
       
       Wenn dem so sei, verstehe er die Aufregung der CDU nicht, entgegnete Dieter
       Reinken von der SPD. Gültig wird das gestern beschlossene Gesetz nicht vor
       April. Danach sollen das Land Bremen, dessen Eigenbetriebe und von ihm
       beauftragte Unternehmen einen Mindestlohn von 8,50 brutto zahlen. Auch wer
       staatliche Zuwendungen - etwa Kindertagesstätten und Beschäftigungsträger -
       bekommt, ist daran gebunden. Die Wohlfahrtsverbände haben bereits
       angekündigt, dass sie deshalb höhere Zuschüsse Bremens erwarten, um die
       Gehaltsaufstockungen ausgleichen zu können.
       
       23 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eiken Bruhn
       
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