# taz.de -- Piraten streiten um Parteiausschlüsse: Eine Breitseite Schlamm
       
       > Der Streit um den Piraten Sebastian Jabbusch sorgt auf dem Berliner
       > Landesparteitag für Diskussionen. Er soll für den Rückzug des Landeschefs
       > mitverantwortlich sein.
       
 (IMG) Bild: Wegen des "enormen Drucks" zurückgetreten: Piratenchef Anger auf dem Parteitag.
       
       BERLIN taz | Als sich die Kandidaten für das Schiedsgericht der
       Wählerschaft stellten, gab es fast nur ein Thema: das
       Parteiausschlussverfahren gegen Sebastian Jabbusch. Gut zwei Drittel der
       Fragen drehten sich darum, wie die Kandidaten zu diesem Sachverhalt
       standen, ob sie sich für befangen hielten und wie sehr sie sich damit
       bereits befasst hatten.
       
       Jabbusch hatte Mitte Dezember in einem offenen Brief das "unerträgliche
       Klima der Angst" in der Berliner Piratenpartei beklagt: verantwortlich
       dafür sei ein Mitglied, das systematisch Daten gesammelt und versucht habe
       unter anderen Parlamentarier im Abgeordnetenhaus zu erpressen. Zwar nannte
       er den von ihm so Beschuldigten nicht beim Namen, trotzdem war jener
       innerhalb weniger Minuten zu identifizieren.
       
       "Dass die Person erkennbar war, war keine Absicht", sagt Jabbusch
       inzwischen. "Inzwischen würde ich den Fokus ein wenig anders stellen." Den
       offenen Brief würde er trotzdem immer noch schreiben, obwohl das
       beschuldigte Mitglied minderjährig ist: er rechtfertigte sich mit der
       Schwere der Vorwürfe und dass der Landesvorstand bis dahin keine geeigneten
       Schritte zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen hatte. Wegen des
       Briefes wurde ein Ausschlussverfahren in Gang gesetzt.
       
       Doch inzwischen soll Jabbusch selbst ausgeschlossen werden: Im Rahmen des
       Ausschlussverfahrens beantragte ein Entlastungszeuge der Form halber den
       Ausschluss Jabbuschs. Ihm werden [1][schwerwiegende Verfehlungen] zur Last
       gelegt: er solle das von ihm beschuldigte Mitglied selbst zu Straftaten
       animiert haben, etwa während eines Castor-Protestes Daten von
       Anti-AKW-Aktivisten auszuspionieren und auf einem SPD-Parteitag die
       Wahlcomputer zu manipulieren.
       
       Jabbusch [2][bestritt die Vorwürfe] gegen ihn: es handle sich um "unbelegte
       Unterstellungen und Äußerungen", die er inzwischen [3][als "haltlos"
       zurückgewiesen] hat. Als wäre das nicht genug, empörte sich ein anonymer
       Jabbusch-Unterstützer auf einem eigens zu diesem Zweck eingerichtete Blog
       über die Verstrickungen und persönlichen Abhängigkeiten des Vorstandes und
       des mit dem Verfahren betrauten Schiedsgerichtes.
       
       ## Spagat zwischen Offenheit und Zurückhaltung
       
       Alles in allem eine Schlammschlacht sondergleichen, die mit dafür
       verantwortlich war, das der bisherige Vorsitzende Gerhard Anger des
       Landesverbandes Berlin auf der Mitgliederversammlung kurzfristig seinen
       Verzicht auf eine erneute Kandidatur bekanntgab. Jabbusch sagte im Gespräch
       mit der taz, ihm tue der Vorgang leid und bezeichnete Anger als
       „engagierte, herausragende Persönlichkeit“. Dass es eine Erneuerung in der
       Landesspitze gegeben habe, begrüßte er: so könnten vergangene Zwistigkeiten
       aufgearbeitet werden.
       
       Grundsätzlich tut sich für die Piraten ein Dilemma auf: Wann verträgt die
       Partei wie viel Transparenz? Angers Nachfolger Hartmut Semken wurde in
       einem Tagesspiegelinterview grundsätzlich und sagte auch mit Blick auf die
       PAVs: "Im Moment verwenden die Piraten immer jeden Kommunikationskanal, der
       für den aktuellen Fall gerade nicht geeignet ist."
       
       Doch im gleichen Interview kritisierte er zu deren großer Verärgerung die
       Arbeit der Abgeordneten, um sich tags darauf dafür zu entschuldigen; beim
       Spagat zwischen größtmöglicher Offenheit und notwendiger Zurückhaltung sind
       die Piraten noch weit entfernt, in eine bequeme Lage zu kommen.
       
       26 Feb 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://pastebin.com/89wdS0ia
 (DIR) [2] http://jabbusch.tumblr.com/post/17981066465/landesvorstand-will-mich-ausschliessen
 (DIR) [3] http://jabbusch.tumblr.com/post/18073219699/stellungnahme-zum-pav
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frédéric Valin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Spitze der Piraten-Partei: Erschöpfung bei den Shooting Stars
       
       Schon zum zweiten Mal zieht sich ein prominentes Mitglied der Piraten
       zurück. Droht der aktuelle Höhenflug die Führung zu überfordern?
       
 (DIR) Berliner Piratenpartei: Neuer Kapitän mit Bart
       
       Ein Parteitag mit großen Überraschungen: Die Berliner Piraten haben einen
       neuen Landeschef gewählt. Längst nicht alle sind davon begeistert.
       
 (DIR) Berliner Piraten wollen Mitglied ausschließen: "Gegen die Ordnung verstoßen"
       
       Der Berliner Pirat Sebastian Jabbusch soll von der Partei ausgeschlossen
       werden. Der Parteivorstand erklärte, er habe durch Erpressungsversuche der
       Partei "schweren Schaden zugefügt".
       
 (DIR) Affäre bei Piraten: Nötigung mit Nacktfotos
       
       Die Berliner Piraten werden womöglich von einem jugendlichen Parteimitglied
       erpresst. Der Landesvorstand ruft Betroffene auf, Strafanzeige zu
       erstatten.