# taz.de -- Studie über Ost-Subventionen: Keine blühenden Landschaften in Sicht
       
       > Seit Monaten hält das Innenministerium eine Studie zurück, die das Ende
       > der Förderung für Ostdeutschland empfiehlt. Der Grund: Das Westniveau
       > bleibt unerreichbar.
       
 (IMG) Bild: Ein bisschen Industrie gibt es im Osten noch.
       
       DRESDEN taz | Eine flächendeckende Angleichung der Lebensverhältnisse in
       Ostdeutschland an das Westniveau ist nicht mehr zu erwarten. Die weitere
       Förderung nach dem Gießkannenprinzip sei deshalb nicht mehr vertretbar.
       
       Diese Auffassung vertreten sechs deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute in
       einer Studie, die nach Recherchen der FAZ schon im Juni letzten Jahres den
       Auftraggebern im Bundesinnenministerium vorgestellt wurde. Aus politischen
       Gründen soll das Ministerium jedoch die Veröffentlichung verhindert haben.
       Das Gutachten solle stattdessen der "Vorbereitung konzeptioneller
       Entscheidungen dienen".
       
       Nach Angaben von Joachim Ragnitz, Geschäftsführer der ifo-Niederlassung
       Dresden und einer der Mitautoren der Studie, wurde die Studie tatsächlich
       bereits im Dezember 2010 fertiggestellt. Ragnitz zeigte sich über die
       bislang nicht erfolgte Veröffentlichung überrascht. Denn im Grunde seien
       die Aussagen des Gutachtens in der Tendenz nicht neu.
       
       "Man kommt nicht näher an die Angleichung der Lebensverhältnisse heran",
       sagte der Forscher der taz. Mehr Förderung führe nicht automatisch zu mehr
       Investitionen. "Man muss sich damit abfinden, dass weite Teile des Ostens
       mittel- und langfristig strukturschwache Regionen bleiben werden."
       
       Regionale Wachstumskerne in Berlin-Potsdam, Jena, Leipzig oder Dresden
       bestätigen nur die starke regionale Differenzierung in Ostdeutschland.
       Bereits 2009 hatte eine Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und
       Entwicklung im Auftrag des damaligen Bundesverkehrsministers und
       Ost-Beauftragten Wolfgang Tiefensee (SPD) die Förderpolitik in ostdeutschen
       Schrumpfregionen infrage gestellt.
       
       Selbst massive Subventionen und beste Familienpolitik könnten Abwanderung
       und Überalterung in den Problemregionen nicht stoppen. Die Medien
       berichteten damals über teure, aber wirkungslose Projekte. Auch unter
       Tiefensee war die Veröffentlichung der Studie umstritten.
       
       ## "Negative Gewöhnungseffekte"
       
       Das Festhalten an überzogenen Erwartungen schaffe "negative
       Gewöhnungseffekte", kritisieren nun die sechs
       Wirtschaftsforschungsinstitute. Soweit die Förderung strukturschwacher
       Regionen überhaupt sinnvoll sei, solle sie gesamtdeutsch und unabhängig von
       geografischen Präferenzen erfolgen.
       
       Unklar ist, welche Ost-Transfers die Studie meint. Der Solidarpakt II steht
       nicht zur Debatte, er läuft 2019 aus. Mit den 156 Milliarden Euro wurden im
       Wesentlichen die ostdeutschen Länderhaushalte gestützt. Die seit zwei
       Jahren einsetzende Degression hat bereits zu schrumpfenden Landesetats und
       zu Verwerfungen im sozialen, kulturellen und wirtschaftsfördernden Bereich
       geführt.
       
       Für den Solidarzuschlag kommen auch die ostdeutschen Steuerzahler auf, und
       der Länderfinanzausgleich erfolgt nach den für alle Bundesländer geltenden,
       aber von den Geberländern immer wieder attackierten Regeln. Verblieben sind
       nur noch wenige spezielle Ost-Förderprogramme. Das bedeutendste ist die
       Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Doch
       über dieses GRW-Programm flossen in den Jahren 2000 bis 2010 auch nur 20
       Milliarden Euro in die Beitrittsländer. Die Investitionszulage läuft 2013
       ohnehin aus.
       
       27 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Solidarpakt Ost in der Kritik: Ruhr-Kommunen wollen Kohle behalten
       
       Seit 1994 zahlen die Westkommunen für den Aufbau Ost – auch Städte und
       Gemeinden, die auf die Pleite zusteuern. Mehrere Städte im Ruhrgebiet
       wollen den Solidarpakt kippen.
       
 (DIR) Kommentar Soli-Zahlungen: Geheimsache Ost
       
       Die geheime Studie würdigt nicht die Erfolge der Anpassungspolitik im
       Osten. Am Ende wird das Gutachten wohl zur Abschaffung des Solizuschlags
       missbraucht werden.
       
 (DIR) Konjunkturgefälle in Deutschland: Das wird noch Jahrzehnte dauern
       
       Ost und West gleichen sich lange nicht an. Grund ist die hochproduktive
       Industrie in den alten und die niedrige Kapitalintensität in den neuen
       Bundesländern.