# taz.de -- Wirtschaftliche Interessen statt Polarschutz: Hauptverkehrsader Arktis
       
       > Der Verkehr in die Arktis hat sich in zwei Jahren verdreifacht. Aber die
       > UN-Schifffahrtsorganisation kann sich nicht auf eine verbindliche
       > Regelung zum Schutz der Polarregion einigen.
       
 (IMG) Bild: Das Forschungsschiff „Polarstern“ im arktischen Packeis.
       
       STOCKHOLM taz | Bis mindestens 2015 wird sich an der Gefährdung der
       Polargebiete aufgrund des wachsenden Schiffsverkehrs nichts ändern. Das
       steht fest, nachdem sich die [1][UN-Schifffahrtsorganisation IMO]
       (International Maritime Organization) in der vergangenen Woche nicht auf
       einen „Polar Code“ einigen konnte, der strengere Vorschriften für die
       Gewässer in Arktis und Antarktis vorsieht.
       
       Das Thema wurde in die Ausschüsse auf das Jahr 2013 vertagt. Der dänischen
       Seefahrtsbehörde DMA zufolge ist mit einer Entscheidung erst im Herbst 2014
       zu rechnen. Verschärfte Vorschriften würden damit frühestens in drei Jahren
       in Kraft treten.
       
       Mehrere Umweltschutzorganisationen kritisierten die Vertagung als schweren
       Rückschlag. Der WWF sprach von unverantwortlichen Risiken für die Natur in
       den Polarregionen, die damit in Kauf genommen würden. Kommerzielle
       Interessen hätten damit mal wieder Vorrang vor dem sehr dringenden
       Polarschutz.
       
       Dabei sind Schutzmaßnahmen schon längst überfällig, betont auch John
       Kaltenstein von der US-Sektion von Friends of the Earth. „Die
       Mitgliederregierungen der IMO haben die Verpflichtung zu einem proaktiven
       Umweltschutz an den Polen unserer Erde.“
       
       ## Klimawandel begünstigt Zunahme des Schiffsverkehrs
       
       Von 2010 bis 2011 hat sich der Schiffsverkehr in Teilen der arktischen
       Gewässer verdreifacht. Wegen der fortschreitenden Eisschmelze in der
       Polarregion wird mit einem ähnlich schnellen Wachstum auch in den kommenden
       Jahren gerechnet. Die Bremser eines baldigen Inkrafttretens des von der IMO
       grundsätzlich schon 2009 als notwendig beschlossenen „Polar Code“ kommen
       mit formalen Argumenten.
       
       Die Verzögerung kommt der Branche zugute. So könnten beispielsweise
       Schiffe, die von ihrer Konstruktion wegen unzureichender Eisverstärkung
       ungeeignet sind, weiterhin in den Gewässern verkehren. Auch das extrem
       schwefelhaltige Schweröl darf als Schiffstreibstoff weiter verwendet
       werden. Ein vorgesehenes Verbot für die Arktis haben die beteiligten
       Verhandlungsdelegationen damit auf die lange Bank geschoben.
       
       1 Mar 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.imo.org/Pages/home.aspx
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Eisrutsch in der Antarktis droht: Unverwundbare Platte löst sich auf
       
       Der Klimawandel setzt der Antarktis wohl doch stärker zu als bisher
       angenommen. Deutsche Forscher warnen, dass die zweitgrößte Schelfeisfläche
       der Region rapide schmelzen wird.
       
 (DIR) Arktisschutz wird geopfert: Ölsuche im eisigen Ökosystem
       
       Die Schamfrist nach dem "Deepwater Horizon"-Unglück ist vorbei. Shell und
       Co. treibt es in die Arktis, um fernab von jeder Technik zur
       Unfallbekämpfung Öl zu fördern.
       
 (DIR) Unerwartete Folgen des Klimawandels: Schnee und Kälte dank Erderwärmung
       
       Die Pole schmelzen ab. Das hat einen überraschenden Effekt. Laut einer
       Studie verursacht die dadurch hervorgerufene Erwärmung kalte und
       schneereiche Winter auf der Nordhalbkugel.
       
 (DIR) Forscher bohren See unter Antarktiseis an: Wostoks Genealogien
       
       Russsische Wissenschaftler suchen unter dem ewigen Eis nach 15 bis 20
       Millionen Jahren alten Mikroorganismen. Man hofft auf neue Erkenntisse über
       das Klima und die Erdentstehung.
       
 (DIR) Schifffahrt um Grönland: Furcht vor Costa-Katastrophe im Eis
       
       Dänemarks Seefahrtsbehörde fordert eine Verschärfung der Bestimmungen für
       Arktis-Kreuzfahrten: Nur noch eisverstärkte Schiffe sollen fahren, stets im
       Konvoi.
       
 (DIR) Die Nordostpassage wird zum Handelsweg: Abkürzung mit Atom-Eisbrecher
       
       In der Nordostpassage schmilzt das Eis. Transporte durch die sensible
       Region nördlich von Russland nehmen zu. Noch fehlt es aber an eisfesten
       Handelsschiffen.