# taz.de -- Tote bei Zugunglück in Polen: „Alle schrien durcheinander“
       
       > In Polen sind beim Zusammenprall zweier Züge mindestens 16 Menschen
       > getötet und 54 verletzt worden. Warum die Züge auf dem selben Gleis
       > fuhren, ist noch unklar.
       
 (IMG) Bild: Hunderte Rettungskräfte suchen in den Wracks der Züge nach Überlebenden.
       
       WARSCHAU taz |„Wir lagen eingeklemmt im Abteil“, stöhnt einer der
       Überlebenden des schweren Zugunglücks in Polen. Piotr S. weiß bereits, dass
       bei dem Frontalzusammenstoß des Intercitys nach Warschau und des Interregio
       nach Krakau am Samstagabend 16 Menschen umgekommen sind. „Alle schrien
       durcheinander“, berichtet der knapp 40-Jährige in einem oberschlesischen
       Krankenhaus. „Irgendwann fühlten wir unsere Beine nicht mehr. Wir hatten
       entsetzliche Angst, dass die Retter uns nicht rechtzeitig finden könnten.“
       Sein Gesicht ist noch immer rotfleckig vom Schock und den Tränen. „Man
       schließt mit seinem Leben ab, hat Panikanfälle und sieht sich für immer im
       Rollstuhl sitzen.“
       
       Das Unglück ereignete sich gegen 21 Uhr nahe der Ortschaft Szczekociny,
       rund 80 Kilometer nördlich von Krakau. Über 50 zum Teil schwer verletzte
       Passagiere wurden auf Krankenhäuser in Oberschlesien verteilt. Manche
       schweben noch in Lebensgefahr. Außer Polen saßen in den Zügen auch Spanier,
       Franzosen und Ukrainer. Die meisten der 350 Passagiere konnten ihre Reise
       aber nach einer kurzen ärztlichen Untersuchung fortsetzen.
       
       Doch in einigen der völlig demolierten und ineinander verkeilten Waggons
       können noch immer Leichen eingeklemmt liegen. Spürhunde gaben Zeichen, dass
       in den Wracks keine Überlebenden mehr zu finden sind, doch für Sanitäter
       und Schweißer ist es zu gefährlich, in die Waggons zu klettern. Sie warten
       auf Kräne, um die Züge dann so schnell wie möglich von den Gleisen zu
       bringen. Die Strecke Krakau-Warschau gehört zu den wichtigsten Trassen des
       polnischen Eisenbahnnetzes.
       
       ## Theoretisch werden Gleise überwacht
       
       Warum der Interregio von Warschau nach Krakau auf dem falschen Gleis fuhr,
       ist noch unklar. Direkt nach dem Unfall nahmen Staatsanwälte und eine
       Untersuchungskommission der polnischen Staatsbahn PKP in Szczekociny die
       Ermittlungen auf. Vermutet wird, dass nach dem letzten Halt des Interregio
       eine Weiche falsch gestellt war. Warum dies weder der Lokomotivführer
       merkte noch die Kontrolleure in den Stellwerken, muss geklärt werden.
       Theoretisch werden Gleise und Signalsysteme rund um die Uhr überwacht. Ist
       ein Geisterzug auf dem falschen Gleis unterwegs, hält die Zentrale über
       Funk die beiden aufeinander zurasenden Züge an.
       
       „Dies ist die tragischste Katastrophe seit Jahren“, sagte Polens Premier
       Donald Tusk, der noch in der Nacht an den Unglücksort gefahren war. „Unser
       Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Familien.“ Vor Ort waren auch die
       Minister des Innern, Jacek Cichocki, der Gesundheit, Bartosz Arlukowicz,
       sowie Polens Verkehrsminister Slawomir Nowak.
       
       Die ersten Helfer am Unfallort waren die Bewohner eines nahe gelegenen
       Dorfes. Sie halfen, die Verletzen zu bergen. An der Unglücksstelle
       arbeiteten die ganze Nacht etwa 450 Feuerwehrleute und 100 Polizisten. Zur
       Erstversorgung der Verletzten wurden beheizte Zelte errichtet. 35
       Krankenwagen und 3 Hubschrauber brachten sie in umliegende Krankenhäuser.
       
       Polens Präsident Bronislaw Komorowski will den Abschluss der Bergungsaktion
       abwarten. „Dann werde ich einen ,nationalen Trauertag' ausrufen“, kündigte
       er an. „Denn von dem Unglück betroffen sind nicht nur Menschen aus drei
       Wojewodschaften, sondern auch Ausländer.“
       
       4 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gabriele Lesser
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kanada
       
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