# taz.de -- Oberbürgermeisterin Petra Roth: Die Frankfurterin
       
       > Die CDU-Politikerin Petra Roth tritt als Oberbürgermeisterin Frankfurts
       > ab. Sie hat die Stadt vorangebracht – hinterlässt aber auch große
       > Probleme.
       
 (IMG) Bild: „Keine Rücksicht auf Parteibücher“ genommen: Petra Roth.
       
       FRANKFURT/MAIN taz | Petra Roth ist schwer erreichbar. Zwar wird in
       Frankfurt am Sonntag ein neues Stadtoberhaupt gewählt, weil die
       CDU-Oberbürgermeisterin (OB) Roth im Juli auf eigenen Wunsch vorzeitig
       ausscheidet. Doch immer noch fährt sie von Termin zu Termin.
       
       Am Mittwoch reist die 67-Jährige zum Treffen des Deutschen Städtetages nach
       Brüssel. Obwohl sie nicht mehr an dessen Spitze steht, ist sie dort
       weiterhin sehr gefragt. In Jena referierte sie bei der
       Konrad-Adenauer-Stiftung am Montag zum Thema „Moderne Großstadtpolitik“.
       Damit kennt sich Roth, seit 17 Jahren OB, bestens aus.
       
       Mit ihrer undogmatischen Art habe sich Roth „weit über die Grenzen der CDU
       hinaus Respekt erworben“. Dieses Lob stammt nicht von einem Parteispezi,
       sondern von der politischen Konkurrenz, dem Sprecher der Frankfurter
       Linkspartei Klaus Willkomm-Wiemer. Dies zeugt ebenso wie die Zurückhaltung,
       die Roth oft aus ihrer eigenen Partei erfahren musste, von ihrer
       Eigenständigkeit. „Sie hat die Stadt geliebt und keine Rücksicht auf
       Parteibücher genommen“, sagt Uwe Becker, Kreisvorsitzender der Frankfurter
       CDU, anerkennend.
       
       Als die CDU sie 1995 auf Betreiben des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl
       zur ersten Direktwahl eines Frankfurter Stadtoberhauptes nominierte,
       glaubten viele nicht an einen Wahlsieg. Noch weniger konnten sich manche in
       der Union vorstellen, dass Roth Ideen durchsetzen würde, die sich wie
       Auszüge aus einem rot-grünen Koalitionsvertrag lesen.
       
       Die gebürtige Bremerin Roth bekannte sich zu einer pragmatischen
       Drogenpolitik. Schwerstabhängige werden in Frankfurt als „Kranke“, nicht
       als „Kriminelle“ anerkannt, es gibt Heroin-Konsumräume. Auch beim Thema
       Integrationspolitik setzte sich Roth deutlich vom konservativen hessischen
       CDU-Landesverband ab. Als in Frankfurt über den Bau einer Moschee
       gestritten wurde, positionierte sich Roth eindeutig auf Seiten der
       Befürworter.
       
       ## Die Bälle flach gehalten
       
       Wie hat die alteingesessene CDU diese liberalen Vorstöße ausgehalten? Roth
       hielt oft die Bälle flach, um die Konservativen nicht aufzuscheuchen.
       Außerdem genießt sie in Frankfurt hohe Popularität. Die habe es ihr
       erlaubt, „die Frankfurter CDU zu modernisieren“, sagt ihre einstige
       politische Konkurrentin und spätere Weggefährtin, die grüne Frankfurter
       Bürgermeisterin Jutta Ebeling. Dieses Amt verdankt sie der schwarz-grünen
       Koalition im Magistrat, der Roth 2006 zustimmte.
       
       Warum ist die stets schick gekleidete Roth, die jüngst als
       Bundespräsidentin im Gespräch war, nie in die Bundespolitik gewechselt?
       „Sie hatte das Gefühl, hier mehr gestalten zu können“, sagt Ebeling. Und
       die hessische CDU hätte solche Ambitionen wohl auch verhindert, glaubt sie:
       „Sie war nicht kompatibel mit dem konservativen Landesverband.“
       
       Doch sei die CDU mit Roth „als starker Präsidentin des Städtetags“ gut
       gefahren, sagt ihr Referent Matthias Arning. „Was ich bin, hat Frankfurt
       aus mir gemacht“, sagte Roth denn auch vor ein paar Jahren.
       
       ## „Mitschuld“ am Fluglärm
       
       Es gibt aber auch Kritik: Roth habe die Frage der sozialen Gerechtigkeit
       vernachlässigt, so Lothar Reininger von der Frankfurter Linkspartei.
       Stattdessen trug sie die Absenkung der Gewerbesteuer sowie etliche
       Privatisierungen mit.
       
       Auch an den Problemen Fluglärm und Wohnungsnot trage Roth eine Mitschuld,
       so Reininger. Sie habe ihren Einfluss bei der städtischen
       Wohnungsgesellschaft ABG nicht genutzt, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu
       schaffen. „Außerdem war sie bedingungslos für den Flughafenausbau“,
       kritisiert Reininger.
       
       Die Proteste, die der Ausbau verursacht, die wöchentlichen
       Montagsdemonstrationen und die wachsende Unzufriedenheit wegen steigender
       Mieten muss Roth nicht mehr aushalten. Ihr Nachfolger wird mit den
       Problemen zu kämpfen haben, die Petra Roth hinterlässt, genauso wie mit
       ihren großen Fußstapfen.
       
       7 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Timo Reuter
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Frankfurts OB Petra Roth beendet Amtszeit: Die unbequeme Frankfurterin
       
       Petra Roth wollte sich engagieren und trat aus Neugier der CDU bei. Als
       Oberbürgermeisterin Frankfurts setzte sie sich für eine vielfältige
       Gesellschaft ein. Nun endet ihre Amtszeit.
       
 (DIR) Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt/Main: Grüne entscheiden Stichwahl
       
       Achtungserfolg für Peter Feldmann (SPD): Er erreicht die Stichwahl gegen
       Hessens Innenminster Boris Rhein (CDU). Nun buhlen beide um grüne Stimmen –
       und Nichtwähler.
       
 (DIR) Streit der Woche: Werden alte Männer überschätzt?
       
       Joachim Gauck wird Bundespräsident, Otto Rehhagel wird Trainer bei Hertha –
       und Helmut Schmidt taucht auch noch immer überall auf.