# taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Proteste und Razzien in Damaskus
       
       > Die syrische Armee soll in der Hauptstadt bei einer Großrazzia zahlreiche
       > Menschen festgenommen haben. Das Staatsfernsehen zeigt ein Massaker an
       > Kindern in Homs.
       
 (IMG) Bild: Ein Amateurvideo zeigt eine Anti-Assad-Demonstration in Damaskus.
       
       DAMASKUS/ISTANBUL dpa/afp | Nach nächtlichen Demonstrationen in mehreren
       Vierteln von Damaskus berichten Aktivisten von einer Welle von Festnahmen
       in der syrischen Hauptstadt. Die Organisation Syrischer
       Menschenrechtsbeobachter teilte mit, im Al-Kabun-Viertel seien bei einer
       Großrazzia am Mittwochmorgen zahlreiche Menschen abgeführt worden.
       
       Fünf Tage nach dem Einmarsch der Armee in die Stadt Homs zeigten
       regimetreue Medien am Dienstag Bilder von Männern, Frauen und Kindern, die
       mit Messern massakriert wurden. Die Zivilisten seien von den Deserteuren
       der sogenannten Freien Syrischen Armee getötet worden, meldete der
       Staatssender Al-Dunia. Assad-Gegner erklärten dagegen, die Truppen des
       Regimes hätten den Zivilisten am Donnerstag bei ihrem Versuch, aus Baba Amr
       zu fliehen, die Kehlen durchgeschnitten. Das jüngste Opfer des Massakers
       sei ein einjähriges Mädchen namens Fatin.
       
       Ein Mitglied des oppositionellen Syrischen Nationalrates zeigte sich
       entsetzt über die Bilder. „Die Sicherheitskräfte suchten nach einem
       Mitglied dieser Familie; und weil sie den Mann nicht fanden, haben sie
       stattdessen seine ganze Familie umgebracht“, sagte er. Der regimetreue
       TV-Sender Al-Dunia hatte am Dienstag gemeldet, die Zivilisten seien von
       einer Brigade von Deserteuren getötet worden.
       
       Die syrischen Staatsmedien berichteten, nach der „Säuberung“ von Baba Amr
       kehrten nun die ersten Bewohner in das Viertel in der einstigen
       Oppositionshochburg Homs zurück. Dem Internationalen Roten Kreuz wird der
       Zugang zu dem Viertel jedoch immer noch verwehrt. Am Mittwoch sollte
       UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos in Syrien eintreffen, nachdem sie
       zuvor tagelang abgewiesen worden war. Diplomaten in New York waren aber
       skeptisch, ob sich Amos, die zu den höchsten UN-Repräsentanten gehört, frei
       bewegen kann, um sich ein Bild von der Lage zu machen.
       
       ## Nationalrat will Waffenlieferungen
       
       Auch der oppositionelle syrische Nationalrat hat sich skeptisch über den
       anstehenden Besuch von Amos in Syrien gezeigt. Der in Deutschland lebende
       Nationalrats-Vertreter Sadiqu Al-Mousllie sagte am Mittwoch im
       Deutschlandradio Kultur, er hoffe zwar, dass Amos „in der Lage ist,
       irgendetwas zu bewegen“. Er verwies aber auf die Erfahrungen mit der
       Beobachtermission der Arabischen Liga in Syrien Anfang des Jahres, die kein
       Ende der Gewalt hatte bewirken können. Die Opferzahl sei sogar noch
       gestiegen.
       
       Al-Mousllie forderte von der internationalen Staatengemeinschaft
       Waffenlieferungen für die Aufständischen. Es gebe keinen anderen Weg, um
       den Menschen in der umkämpften Protesthochburg Homs zu helfen. „Jeden Tag
       sterben hundert Leute“, sagte der in Braunschweig ansässige Zahnarzt. Seit
       einem Jahr bombardiere die Regierung von Staatschef Baschar al-Assad die
       Menschen und inhaftierte sie. „Von so einem Regime war auch nicht zu
       erwarten, dass es einlenkt und humanitäre Hilfe zulässt.“
       
       Amos wird von Mittwoch an zu einem dreitägigen Besuch in Syrien erwartet.
       Nach eigenen Angaben will sie erreichen, dass Bedürftige ohne Einschränkung
       Zugang zu humanitärer Hilfe erhalten. Angesichts der sich verschlechternden
       humanitären Lage in Syrien spricht sich Amos für die Forderung des
       Internationalen Komitees vom Roten Kreuz nach einer täglichen Feuerpause
       zwischen den Konfliktparteien aus.
       
       ## Obama gegen militärische Intervention
       
       US-Präsident Barack Obama hat sich am Dienstag wiederholt gegen ein
       militärisches Eingreifen seines Landes in Syrien ausgesprochen. Die Gewalt
       gegen die dortige Zivilbevölkerung sei „herzzerreißend und empörend“, so
       Obama in einer Pressekonferenz im Weißen Haus. Die USA arbeiteten eng mit
       den arabischen Ländern zusammen, um zu planen, wie die syrische Bevölkerung
       unterstützt und Machthaber Baschar al-Assad weiter isoliert werden kann.
       Dies sei der richtige Weg, um Assad zu Fall zu bringen.
       
       „Es ist keine Frage, ob Assad stürzt, sondern wann“, sagte der
       US-Präsident. Am Vortag hatte der republikanische US-Senator John McCain
       einen Luftangriff auf Syrien gefordert, um dort das „Gemetzel zu stoppen“.
       
       Die Spaltung der syrischen Armee schreitet unterdessen weiter voran. In
       Foren der Protestbewegung wurden am Dienstag Namen und Wohnorte
       vermeintlicher „Mörder“, „Plünderer“ und „Verräter“ unter den Offizieren
       veröffentlicht. Gleichzeitig verbreiteten Oppositionelle ein Video, das
       angeblich alawitische Deserteure zeigt, die sich der aus Fahnenflüchtigen
       bestehenden Freien Syrischen Armee anschließen. In dem Video, dessen
       Echtheit nicht überprüft werden konnte, fordert der Anführer der Gruppe die
       Alawiten in den syrischen Streitkräften zur Fahnenflucht auf.
       
       7 Mar 2012
       
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