# taz.de -- Die Wahrheit: Da lacht der Jude
       
       > Neues aus der Witzforschung: Eisberge, Ohrfeigen und Wunderwaffen.
       
 (IMG) Bild: Wer hätte das gedacht? Auch orthodoxe Juden dürfen über Witze lachen - jedenfalls wenn sie koscher sind.
       
       Oft besteht der Unterschied zwischen beiden jedoch nur darin, wer ihn wem
       erzählt. Die große Sammlerin jüdischer Witze, Salcia Landmann, meinte, mit
       der Vertreibung und Vernichtung des osteuropäischen Judentums sei der
       jüdische Witz gewissermaßen ausgestorben. Dahinter steht eine Witztheorie,
       die besagt, je unterdrückter und marginalisierter eine Volksgruppe ist,
       desto schärfer sind ihre Witze. In den USA und in Israel konnte deswegen
       kein derartiger jüdischer Witz wie etwa in Galizien entstehen, zumal viele
       „Wize“ ursprünglich auf Jiddisch erzählt wurden.
       
       „Der Witz ist die Wunderwaffe der Wehrlosen“, heißt es denn auch im
       Nachwort des Göttinger Philologen Peter Köhler zu seiner Sammlung jüdischer
       Witze: „Das Leben ist ein Hering an der Wand“, die er 2003 bei Reclam
       veröffentlichte. Darin erwähnt er den ersten Sammler jüdischer Witze,
       Alexander Moszkowski, der sie 1911 als „das Fundament und die Krone allen
       Witzes“ pries. „Jüdische Witze garantieren Qualität“, so Köhler, der seine
       „Wehrlosen“-Theorie allerdings selbst widerlegt, indem er den wehrhaften
       Israeli Ephraim Kishon erwähnt, dessen Satiren zu den „weltweit
       meistgelesenen“ zählen.
       
       Im Jahr 2010 erschien im „Patchworld-Verlag“ eine Sammlung „moderner
       jüdischer Witze“ mit dem Titel „Sex am Sabbat?“, herausgegeben von Ilan
       Weiss. Der Autor stammt aus Israel, ist Versicherungsmakler und lebt seit
       zwanzig Jahren in Berlin. In seinem Vorwort widerspricht er Salcia
       Landmann, denn seiner Meinung nach gibt es „wunderbare moderne jüdische
       Witze, die zweifellos nach dem 2. Weltkrieg entstanden sind“, was er mit
       seinem Buch zu beweisen sucht. Vielleicht verhält es sich mit diesen Witzen
       aber auch wie mit den „DDR-Witzen“, von denen ihr Sammler Clement de
       Wroblewsky annimmt, dass dabei „klassisches Witzgut verwertet“ wurde: unter
       anderem „jiddische Witze, die zum Teil aus Polen und Russland bzw. der
       Sowjetunion kamen“.
       
       Einer seiner Witze – aus der österreichischen KuK-Zeit, der in
       modernisierter Fassung auch von Ilan Weiss in seiner Sammlung aufgenommen
       wurde, geht so: Zwei arme Juden, die ohne Geld in Belgrad angekommen sind,
       entdecken dort an einer katholischen Kirche ein Schild: „Für jeden
       Glaubensübertritt zahlen wir 100 Kronen.“ Sie beratschlagen sich lange und
       beschließen dann, dass erst mal einer von ihnen die Sache ausprobieren
       soll. Der geht dann auch in die Kirche, während sein Freund draußen wartet.
       Er wartet lange, schließlich kommt der andere wieder raus. „Na, wie war’s?
       War’s schlimm?“, wird er gefragt. „Nein, alles in Ordnung.“ – „Und hast du
       das Geld?“ – „Ja.“ – „Wirklich 100 Kronen?“ – „Ja.“ – „Und – zeig schon“,
       drängt der eine. „Das ist genau das, was wir Christen an euch Juden nicht
       mögen: Immerzu denkt ihr nur ans Geld“, erwidert der andere.
       
       In der Köhler-Sammlung findet sich folgender Witz aus dem
       nationalsozialistischen Deutschland: „Levi spaziert im Stadtpark und
       begegnet Seligmann, der auf einer Bank sitzt und gemütlich den Völkischen
       Beobachter liest. „Seligmann!“, schreit Levi entsetzt. „Wie kannst du
       diesen Dreck lesen?“ – „Das kann ich dir sagen“, erwidert Seligmann. „Wenn
       ich eine von unseren Zeitungen lese, bin ich hinterher völlig deprimiert –
       nichts als Katastrophenmeldungen: Juden aus dem Staatsdienst geworfen,
       Juden ist der Arztberuf verboten, Juden dürfen nicht mehr Straßenbahn
       fahren, so geht es in einem fort. Hier dagegen steht, dass die Juden die
       Welt regieren, dass sie die Zügel der internationalen Finanz in der Hand
       halten, dass sie die Politik sämtlicher Länder kontrollieren und so weiter.
       Ich sage dir, Levi: die reinste Seelenmassage.“
       
       Noch ein jüdischer Witz – aus der Sammlung von Ilan Weiss: Ein
       amerikanischer Jude und ein Asiate fahren im gleichen Zugabteil. Auf einmal
       gibt der Jude dem anderen eine schallende Ohrfeige und sagt: „Das ist für
       Pearl Harbour.“ – „Was kann ich dafür“, sagt der Asiate: „Ich bin kein
       Japaner, ich bin Koreaner.“ – „Japaner, Koreaner, Chinesen … die sind doch
       alle gleich.“ Nach einer Weile bekommt der Jude die Ohrfeige zurück: „Das
       ist für das Versenken der ’Titanic‘.“ – „Das waren aber keine Juden. Das
       war ein Eisberg.“ „Eisberg, Goldberg, Greenberg … das ist doch alles
       dieselbe Mischpoke.“
       
       Und ein letzter Witz – aus der Sammlung von Peter Köhler: Wenige Jahre nach
       Gründung Israels organisiert die jüdische Gemeinde von Miami eine große
       Lotterie zur Unterstützung des jungen Staates. Erster Preis: eine Woche
       Aufenthalt in Israel. Zweiter Preis: zwei Wochen Aufenthalt in Israel.
       Dritter Preis: drei Wochen Aufenthalt in Israel.
       
       9 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Helmut Höge
       
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