# taz.de -- Internationale Sportwettenmafia: „Wir wollen an die Finanziers heran“
       
       > Von Katar aus soll nun die internationale Wettmafia verfolgt werden. Die
       > Dimensionen sind gigantisch. Doch es geht auch ums Geschäft.
       
 (IMG) Bild: Heuert ab Mai beim International Center for Sport Security in Katar an: Chris Eaton, ehemals Chefermittler der Fifa in Sachen Wettbetrug.
       
       DOHA taz | Katar hat Großes vor. Das deutet schon die bunt blitzende
       Skyline an, die den Vergleich mit Schanghai und Dubai nicht zu scheuen
       braucht. Auf dem Weg zur globalen Sportarena, der nach den Etappen
       Asienspiele 2006, ATP-Turnier, Motorrad-WM und Radsport Pro Tour-Rennen im
       Jahre 2022 mit der Ausrichtung der Fußball-WM gekrönt werden soll, will das
       Emirat am Persischen Golf auch zu einer Metropole des
       Sportsicherheitsgewerbes werden.
       
       Das ist ein Wachstumsbranche. China gab allein für die Sicherheit der
       Olympischen Spiele in Peking laut Interpol-Chef Khoo ca. 230 Millionen Euro
       aus. Kanada ließ sich die Sicherheitsaspekte der Winterolympiade von
       Vancouver 2010 schon 690 Millionen Euro kosten. Und 720 Millionen Euro
       legen die Londoner Olympiaausrichter in diesem Jahr für Sicherheit auf den
       Tisch.
       
       Der Tortenheber, mit dem die Kataris ein großes Stück aus dem
       Sicherheitskuchen herausschaufeln wollen, heißt ICSS. Das International
       Center for Sport Security hat Männer wie den früheren FBI-Agenten und
       9/11-Ermittler Ali Soufan, Interpol-Boss Khoo, den früheren Sicherheitschef
       der Olympischen Spiele von Sydney, Peter Ryan, und den ehemaligen
       DFB-Schatzmeister und erfahrenen WM-Organisator Horst Schmidt im
       Aufsichtsrat.
       
       ## Ex-BKA-Mann als operativer Chef
       
       Das operative Geschäft leitet mit Helmut Spahn ein früherer
       BKA-Abteilungsleiter und Sicherheitschef der WM 2006 in Deutschland. Und
       weil ab Mai auch noch Chris Eaton, bislang Chefermittler der Fifa in Sachen
       Wettbetrug, beim ICSS anheuert, legte sich bei der ebenfalls von diesem
       Unternehmen organisierten Sicherheitskonferenz die Aufmerksamkeit ganz
       stark auf das Thema Wettbetrug.
       
       Dave Richards, Chef der englischen Premier League, hielt die Bedrohung des
       Fußballs durch manipulierte Spiele für so groß, dass er konzertierte
       Anstrengungen der nationalen und internationalen Verbände forderte. „Es
       muss eine unabhängige Institution geben, so etwas wie die Wada im Kampf
       gegen das Doping“, meinte er. Eaton sieht die Situation sogar noch
       dramatischer.
       
       „Das ist kein Problem des Sports mehr. Hier müssen die Regierungen
       eingreifen“, sagte er der taz. Eaton begründet seine Auffassung mit den
       gigantischen Dimensionen des illegalen Wettmarkts. „Wir wissen allein von
       den zwei größten Anbietern in Südostasien, dass jeder von ihnen pro Woche
       zwei Milliarden Euro umsetzt. Dieses Geld zieht Kriminelle aus allen Ecken
       der Welt an“, meinte er.
       
       ## Pro Spiel sechsstellige Summen gewonnen
       
       Eaton kam gerade aus Südafrika, wo er Ermittlungen gegen verschobene
       WM-Vorbereitungsspiele Südafrikas im Jahr 2010 verfolgte. „Bei mindestens
       fünf Spielen hat der singapurische Wettbetrüger Wilson Raj Perumal die
       Schiedsrichter besorgt“, erzählte Eaton. Er rechnet damit, dass Perumal pro
       Spiel sechsstellige Summen gewann.
       
       Besorgt stimmt ihn, dass Perumal zu WM-Zeiten in Südafrika weilte und enge
       Beziehungen zum ausrichtenden Verband unterhielt. „Wir haben noch keine
       Hinweise, dass WM-Spiele manipuliert werden. Aber wir müssen sehr
       sorgfältig ermitteln“, stellte er fest. Seine Aufmerksamkeit gilt
       mittlerweile der kriminellen Hierarchieebene über Perumal.
       
       „Wir wollen an die Finanziers heran. Das scheinen Personen mit großer Nähe
       zu den kriminellen Organisationen Südostasiens zu sein. Sie korrumpieren
       nicht nur den Sport. Sie bestechen auch die Buchmacher“, erklärte Eaton.
       Weil diese Finanziers nicht nur im Fußball, sondern auch in anderen
       Sportarten operieren, wird Eaton Ende April die Fifa verlassen.
       
       ## Mohammed Bin Hammam
       
       Beim Sicherheitsdienstleister ICSS hofft er auf die Ressourcen, um
       weltweite Ermittlungen in vielen Sportarten voranbringen zu können. “Das
       ist eine gemeinnützige Company. Und wir wollen der Gesellschaft einen
       Dienst erweisen.“ Das ist ein hehres Unterfangen. Nachdenklich stimmt
       freilich nur, dass der einstige starke Mann des Sports in Katar, Mohammed
       Bin Hammam, ausgerechnet über Bestechungsvorwürfe stolperte und so sein
       Griff zur Fifa-Präsidentschaft schmählich endete.
       
       Bin Hammam war auch Motor der erfolgreichen WM-Bewerbung Katars. Zweifel am
       Austragungsort wurden auch auf der Konferenz laut. Zwar glaubte jeder
       daran, dass die Gastgeber perfekt heruntergekühlte Stadien errichten, die
       Fußballspiele nicht zum Gesundheitsrisiko machen.
       
       Dave Richards warnte aber unterdessen vor kulturellen Konflikten zwischen
       Engländern und Deutschen einerseits, „die gern ein Pint zum Spiel mögen“,
       und dem strengen Antialkoholismus der katarischen Gesellschaft. Dass die
       Fortbewegung in Katar selbst bei milden Temperaturen und bei
       ausschließlichem Genuss von Orangensaft gefährlich sein kann, bewies
       Richard beim Dinner mit einem unfreiwilligen Fall in den Swimmingpool.
       
       16 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Wettbetrug
 (DIR) Schwerpunkt Fußball-EM 2024
       
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