# taz.de -- Kolumne Unbeliebt: Wer sucht, der findet auch
       
       > Roth, Künast, Trittin – die Grünen suchen beliebte Spitzenleute für den
       > Bundestagswahlkampf 2013. Sie müssten sich nur mal mit Ekin Deligöz
       > treffen.
       
       Die Grünen kämpfen gerade darum, wer sich im Wahlkampf 2013 als
       Supersympathieträger eignet. Ich denke an all diese Menschen. Und mir fällt
       ein, wie die FDP 2009 drankam. Brüderle, Solms,
       Leutheusser-Schnarrenberger, die alten Gesichter aus der Kohl-Zeit mit den
       Ideen aus der Kohl-Zeit.
       
       Roth und Trittin? Künast und Trittin? Trittin und Künast? Trittin und
       Trittin? Roth und Künast? Ich muss jemanden suchen. Jemand, der nicht die
       Berlin-Wahl versaut hat, Realo ist und eine Frau. Die Grünen geben der taz
       ja auch journalistische Tipps und opfern sogar ihre kostbaren
       Fernsehminuten dafür.
       
       Ich durchkämme die Grünen-Seiten im Netz. Und stoße auf: Ekin Deligöz.
       Frau, Migrantin, Realo-Flügel, Bundestagserfahrung seit 1998,
       Vize-Fraktionschefin. Passt. Ich mache einen Termin. Sie müsste nur
       lavieren, dann hätte ich schon eine Meldung: „Deligöz erwägt Bewerbung für
       Grünen-Spitzenkandidatur“.
       
       Wollen Sie Spitzenkandidatin werden? Sie stellt erst mal den Tee auf den
       Tisch in ihrem Büro. „Ich mache meinen Job gerne. Ich bin Stellvertreterin
       von Renate Künast.“ Aber die hat es doch in Berlin vermasselt. „Das ist
       ungerecht, die Verantwortung so zu personalisieren.“ Künast hat doch den
       Wahlkampf personalisiert. „Das hat sie nicht allein entschieden.“
       
       Brüderle und Solms! „Die Grünen müssten schon mehr Leute aufbauen. Die SPD
       macht das gut mit Manuela Schwesig. Bei uns heißt es: Du musst dich
       durchkämpfen. Da wird die Wiederholung der Achtundsechziger erwartet: die
       Rebellion gegen die Eltern.“ Rebellieren Sie doch. „Das ist nicht mein
       Stil. Warum ein Risiko eingehen und mich verschleißen, wenn ich anders mehr
       erreichen kann?“
       
       ## Rosenmarmelade statt Politsucht
       
       Ich wundere mich. Irgendetwas ist seltsam hier. Sie wirkt nicht gewappnet,
       sie macht keine Werbung für sich, sie versucht nicht mal, das Gespräch zu
       kontrollieren. Sie hat es irgendwie geschafft, der Deformation zu entgehen.
       Sie ist Profipolitikerin. Aber sie erzählt ganz normal von ihrer Familie,
       dass sie gerne Rosenmarmelade kocht und von den Bergen in der Türkei.
       
       Vielleicht ist Politik relativ, wenn man als Mädchen nur geduldet war in
       Deutschland. Wenn man als Teenager geputzt und im Recyclinghof sortiert
       hat. Ist Ihnen die Politik womöglich gar nicht so wichtig? „Es geht mir um
       etwas.“ Zurzeit um eine Grundsicherung für Kinder. Deligöz sagt: „So
       wichtig ist das mit der Spitzenkandidatur nicht. Wir plakatieren eh die
       Inhalte. Und die Medien suchen sich die Spitzenleute, die sie wollen.“
       
       Genau. Und ich suche mir Ekin Deligöz.
       
       23 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Löwisch
       
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