# taz.de -- Soldatenausbildung in Tempelhof-Schöneberg: Bundis auf Bezirkskosten
       
       > Tempelhof-Schöneberg finanziert seit fünf Jahren die Ausbildung von
       > Systemelektronikern für die Bundeswehr mit. Die Linkspartei kritisiert
       > dieses Modell.
       
 (IMG) Bild: So sieht das aus: Elektroniker-Azubi am Werk.
       
       Ist es eine Chance für Jugendliche ohne Lehrstelle – oder eine Ausbildung
       für den Krieg? In Tempelhof-Schöneberg werden Systemelektroniker in
       Kooperation mit der Bundeswehr ausgebildet, gefördert durch den Bezirk. Die
       Linkspartei hat diese Zusammenarbeit scharf kritisiert.
       
       ## Einstellung als Zeitsoldat
       
       Seit 2007 besteht ein Kooperationsvertrag zwischen dem Bezirk
       Tempelhof-Schöneberg und dem „Bildungs- und Beratungszentrum für Beruf und
       Beschäftigung Berlin“ (BBZ). Das BBZ bietet unter anderem eine Ausbildung
       zum Systemelektroniker an, bei der es mit dem „Zentrum für
       Nachwuchsgewinnung Ost der Bundeswehr“ zusammenarbeitet: Die Bundeswehr
       entscheidet bei der Auswahl der Bewerber mit und bietet ihnen bei
       erfolgreichem Abschluss eine „Einstellungsgarantie“ als Zeitsoldat. Von den
       jährlich 15 ausgebildeten Systemelektronikern nahmen im Jahr 2010 zwei
       Drittel und 2011 ein Drittel das Angebot der Bundeswehr an, wie eine kleine
       Anfrage der Linkspartei ergeben hat.
       
       „Technisches Personal für den modernen Krieg“ lasse der Bezirk ausbilden,
       meint Harald Gindra, der für die Linke in der Tempelhof-Schöneberger
       Bezirksverordnetenversammlung sitzt. Systemelektroniker seien notwendig für
       die Beherrschung des Luftraums und die Steuerung moderner Waffensysteme. In
       der Wehrbereichsverwaltung Ost der Bundeswehr will man zu diesen Vorwürfen
       nicht Stellung nehmen. Nur so viel: Die Einsatzgebiete von
       Systemelektronikern seien „Computersysteme, Fest- und Funknetze, Endgeräte
       oder Sicherheitssysteme“, sagt Sprecherin Berit Weber. Es gebe „weit über
       100 Verwendungen“ für Systemelektroniker“ bei der Bundeswehr.
       
       Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) verteidigt das
       Ausbildungsprojekt grundsätzlich. Der Bezirk habe ein Interesse, dass
       Jugendliche in Arbeit kämen. Und die Systemelektroniker-Ausbildung sei eine
       „Top-Ausbildung“. Zudem könne jeder am Ende frei entscheiden, ob er zur
       Bundeswehr gehe oder eine Arbeit im zivilen Bereich suche. Auch dem
       prinzipiellen Pazifismus der Linkspartei will sich Schöttler nicht
       anschließen: „Weil die Bundeswehr keine Kriegsmaschinerie ist, sondern der
       Verteidigung oder humanitären Missionen dient.“
       
       Die Ausbildung zum Systemelektroniker erfolgt im Rahmen des „Berliner
       Modells“, bei dem die Bundeswehr seit 1999 ihren technischen Nachwuchs
       extern ausbilden lässt. Nach eigenen Angaben beteiligt sich das Militär mit
       10.000 Euro pro Ausbildungsplatz. Auf der anderen Seite unterstützte
       Tempelhof-Schöneberg die Systemelektroniker-Ausbildung des BBZ im Jahr 2010
       mit 200.000 Euro. Im vergangenen Jahr gab der Bezirk nur noch 135.000 Euro
       für Ausbildungsförderung dafür aus – so steht es in der Antwort auf die
       Anfrage der Linkspartei.
       
       Bereits dieser Trend zeigt: Das „Berliner Modell“, das in Berlin neben
       Tempelhof-Schöneberg auch vom Bezirk Treptow-Köpenick bezuschusst wird, ist
       ein Auslaufmodell. In Tempelhof-Schöneberg wird die Kooperation im Jahr
       2013 enden, nachdem das Bezirksamt schon 2011 keinen Vertrag mehr mit der
       BBZ geschlossen hat. „Weil die Bewerberzahl das nicht hergibt“, sagt
       Bürgermeisterin Schöttler. Im laufenden Jahr investiert der Bezirk laut
       Schöttler noch „ca. 75.000 Euro“ in die Ausbildung der Systemelektroniker.
       
       Auch Petra Hübner von der BBZ-Geschäftsleitung sieht keine große Zukunft
       für das Berliner Modell: „Das war ein Modell für die Jahre, in denen es
       weder Ausbildungs- noch Arbeitsplätze gab.“ Offenbar sei eine Ausbildung
       mit der Jobperspektive Bundeswehr vor dem Hintergrund des
       Wirtschaftswachstum der letzten Jahre für immer weniger Berliner
       Jugendliche interessant. Wie die Kooperation mit der Bundeswehr weitergehe,
       sei auch vor dem Hintergrund der Bundeswehrreform unklar. „Die Gespräche
       laufen noch.“
       
       ## Der Trend geht nach unten
       
       Im Rahmen des Berliner Modells kooperiert die Bundeswehr in Berlin auch mit
       den Wasserbetrieben und der TÜV Rheinland Akademie Berlin-Brandenburg. Bei
       den Wasserbetrieben wurden in den letzten fünf Jahren etwa zehn
       Systemelektroniker in Kooperation mit der Bundeswehr ausgebildet. „Das ist
       für uns kein neuer Geschäftszweig, sondern eher eine kleine Sache“, so ein
       Sprecher. Bei der TÜV-Akademie in Schöneweide haben seit 2003 68
       Jugendliche eine Ausbildung zum IT-Systemelektroniker, Bürokaufmann,
       Lagerlogistiker, Tankwart und Kfz-Mechatroniker abgeschlossen. Derzeit sind
       noch 14 junge Erwachsene in der Ausbildung. Doch der Trend zeigt auch hier
       nach unten: „Seit letztem Jahr war es uns leider nicht mehr möglich,
       Jugendliche für die Bundeswehr zu finden“, sagt TÜV-Ausbildungsleiter
       Klaus-Dieter Falke. Was aber auch daran gelegen habe, dass die Bundeswehr
       die wenigen Bewerber als ungeeignet ablehnte.
       
       27 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Moritz Wichmann
       
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