# taz.de -- Wahl in Birma: Aung San Suu Kyi im Parlament
       
       > Birmas Freiheitsikone Aung San Suu Kyi hat bei den Nachwahlen in Birma
       > gesiegt. Im Parlament könnte sie den Reformprozess des Landes aktiv
       > mitgestalten.
       
 (IMG) Bild: Wie befreit: Anhänger Aung San Suu Kyis.
       
       RANGUN dpa | Birmas jahrelang eingesperrte Freiheitsikone Aung San Suu Kyi
       hat nach Angaben ihrer Partei einen haushohen Sieg bei der Nachwahl zum
       Parlament errungen.
       
       Die 66-Jährige hat nach Angaben der Nationalliga für Demokratie (NLD) in
       ihrem Wahlkreis Kawhmu am Sonntag in 112 von 129 Wahllokalen die meisten
       Stimmen bekommen. Es war zunächst unklar, wann offizielle Ergebnisse der
       Nachwahlen veröffentlicht werden sollten.
       
       Sollten sich die Zahlen bestätigen, wäre Suu Kyis Einzug ins Parlament in
       Naypyidaw gesichert. Nach Angaben der NLD waren auch zahlreiche andere
       NLD-Kandidaten erfolgreich; sie gehe davon aus, dass 30 NLD-Mitglieder den
       Sprung ins Parlament schaffen, teilte die Partei mit. Vor der
       Parteizentrale in Rangun versammelten sich hunderte Anhänger und feierten
       Suu Kyi.
       
       Bei den Nachwahlen zum Parlament ging es zwar nur um 45 der insgesamt 1160
       Sitze in mehreren Parlamentskammern. Doch der Symbolwert des Wahlgangs ist
       immens: Erstmals durfte sich Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi
       persönlich den Wählern stellen. "Sie wird mehr als 80 Prozent der Stimmen
       bekommen", sagte der Wahlleiter in ihrem Wahlkreis Kawhmu, Thein Oo,
       voraus.
       
       Suu Kyi war über Jahrzehnte mit ihrem friedlichen Widerstand gegen die
       Militärherrschaft der einzige Lichtschimmer im Leben der 60 Millionen
       Einwohner. Sie wurde im November 2010 nach mehr als 15 Jahren aus ihrem
       Hausarrest entlassen.
       
       ## Unabhängige Beobachter vor Ort
       
       Die Wahllokale schlossen um 11.30 MESZ. Das Ergebnis sollten erst in
       einigen Tagen vorliegen. Einzelne Wahlkreise wollten ihre Auszählung
       möglicherweise vorher bekanntgeben. Insgesamt waren 6,8 Millionen Menschen
       zur Stimmabgabe aufgerufen. In Rangun staute sich schon in den frühen
       Morgenstunden der Verkehr, weil die Menschen zu den Wahllokalen strömten.
       
       2010 war das Bild ein anderes. Bei den von der damals noch regierenden
       Junta organisierten Wahlen herrschte in vielen Wahllokalen gähnende Leere.
       Suu Kyis Partei, die Nationalliga für Demokratie (NLD), trat damals nicht
       an, und Wähler berichteten später über massiven Druck, für die
       Militärpartei USDP zu stimmen.
       
       Vor genau einem Jahr war nach fast 50 Jahren Militärherrschaft die erste
       nominell zivile Regierung in Birma angetreten. Die Junta sorgte aber für
       bleibenden Einfluss des Militärs: Die Schlüsselpositionen bekleiden
       Ex-Generäle. Das Militär und die von der Junta gegründete Partei USDP
       kontrollieren 80 Prozent der Parlamentssitze. Selbst bei bestem Abschneiden
       bei den jetzigen Nachwahlen bleibt die NLD eine verschwindend kleine
       Opposition. Dennoch setzt das Volk große Hoffnung in sie.
       
       Die neue Regierung hat selbst Skeptiker mit ihrem Reformeifer überrascht.
       Sie ließ hunderte politische Gefangene frei und begann die Aussöhnung mit
       den ethnischen Minderheiten. Die westlichen Länder haben eine Lockerung der
       Wirtschaftssanktionen in Aussicht gestellt, wenn die Nachwahlen als fair
       und frei beurteilt werden. Suu Kyi hat zwar zahlreiche Unregelmäßigkeiten
       angeprangert, aber dennoch ihren Kooperationswillen mit der Regierung
       bekräftigt.
       
       Präsident Thein Sein hatte mehrere Wahlbeobachter zugelassen, unter anderem
       aus der EU, den USA und Australien. "Wir sind optimistisch, dass diese
       Wahlen fair ablaufen", sagte Australiens Außenminister Bob Carr. "Wenn die
       Wahlen akzeptabel verlaufen und dies sowohl die unabhängigen Beobachter als
       auch Oppositionsparteien wie die von Aung San Suu Kyi bestätigen, ist
       Australien bereit, die Sanktionen abzubauen."
       
       1 Apr 2012
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Suu Kyi will in Birma doch Amtseid leisten: Dem Willen des Volkes folgend
       
       Zwar wird die Eidsformel nicht geändert, dennoch ist Birmas
       Oppositionsführerin Suu Kyi bereit, ihn nun zu leisten. Indes stellt
       Generalsekretär Ban Forderungen an den Westen.
       
 (DIR) „The Lady“ porträtiert Aung San Suu Kyi: „Diese Männer sind nicht komplex“
       
       In Luc Bessons Film „The Lady“ spielt Michelle Yeoh die birmesische
       Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Ein Gespräch über Einsamkeit,
       Herrschaft und mütterliche Pädagogik.
       
 (DIR) Nachwahl in Birma: Suu Kyi sieht „Triumph des Volkes“
       
       Bei Nachwahlen erzielt die Opposition große Mehrheit der freien Sitze. Die
       Kollision mit den Hardlinern in Regierung und MIlitär dürfte
       vorprogrammiert sein.
       
 (DIR) Nachwahl in Birma: Reformmotor und Feigenblatt
       
       Politisch unwichtig, symbolisch bedeutend. Der Reformprozess in Birma
       stützt sich derzeit vor allem auf zwei ungleiche Akteure: General Thein
       Sein und Aung San Suu Kyi.
       
 (DIR) Debatte Birma: Reformpoker der Generäle
       
       Hinter den überraschenden Reformen könnte nüchternes Kalkül der Militärs
       stecken. Trotzdem ist es eine Chance, die Unterstützung verdient.
       
 (DIR) Karen-Rebellen in Birma: „Wir haben Angst“
       
       Zu Beginn des Jahres 2012 haben die Rebellen der Karen einen
       Waffenstillstand mit der Regierung geschlossen. Ein dauerhafter Frieden ist
       nicht gesichert.