# taz.de -- Mord in Emdener Parkhaus: Diesmal wohl der Richtige
       
       > Ein festgenommener 18-Jähriger gesteht, das 11-jährige Mädchen in Emden
       > umgebracht zu haben. Nach einem Lynchaufruf gegen den zuerst
       > Verdächtigten gibt es Kritik.
       
 (IMG) Bild: Blumen zum letzten Geleit von Lena.
       
       HAMBURG taz | Im Mordfall Lena glaubt die Polizei jetzt, den wahren Täter
       gefasst zu haben. Der Verdächtige habe zugegeben, das Mädchen in einem
       Parkhaus in Emden umgebracht zu haben, teilte die Polizei am Sonntag der
       Presse mit. Der 18-Jährige war am Samstag festgenommen worden.
       
       Staatsanwalt Bernard Südbeck sagte auf der Pressekonferenz, dass es nicht
       nur Indizien, sondern handfeste Beweise gebe. Eine Phantomzeichnung, die
       dem Verdächtigen ähnelt, stimmt nach Angaben der Mordkommission weitgehend
       mit den Videoaufnahmen aus dem Parkhaus überein, in dem die elfjährige Lena
       ermordet gefunden wurde. Ein DNA-Test habe zudem ergeben, dass der jetzt
       Festgenommene für mindestens ein anderes Sexualdelikt in der Gegend von
       Emden verantwortlich sei.
       
       Der Mord am helllichten Tage hatte in der ostfriesischen Kleinstadt Trauer
       und Wut ausgelöst. In ein Online-„Kondolenzbuch für den kleinen Emdener
       Engel!“ trugen sich 9.000 Menschen ein. Im Internet wurde aber auch gegen
       einen zunächst verdächtigten 17-Jährigen zur Lynchjustiz aufgerufen. Der
       Polizei werden deshalb nun Fehler vorgeworfen.
       
       Ein Zuschauer hatte fotografiert, wie der Jugendliche am Dienstagabend in
       Handschellen aus dem Haus seines Vaters abgeführt wurde, und die Bilder bei
       Facebook eingestellt. Ein 18-Jähriger rief daraufhin über Facebook dazu
       auf, die Polizeiwache zu stürmen und den angeblichen Mörder herauszuholen.
       In der Nacht zu Donnerstag belagerten 50 Menschen bis vier Uhr früh die
       Wache, um die Herausgabe des Verhafteten zu fordern.
       
       Der Kriminologe Christian Pfeiffer aus Hannover kritisierte, die Polizei
       habe den Jugendlichen trotz dürftiger Hinweise „sensationsheischend in
       Handschellen“ abgeführt und damit zur Vorverdächtigung beigetragen. Die
       Staatsanwaltschaft sei mit ihren Erkenntnissen zu offensiv an die
       Öffentlichkeit gegangen, findet auch der Berliner Strafrechtsprofessor
       Martin Heger. Jetzt müsse sie sich ebenso offensiv für eine Rehabilitierung
       des zu Unrecht inhaftierten Berufsschülers einsetzen.
       
       Die Polizei hat sich indessen für den Verlauf der Festnahme entschuldigt.
       „Wir haben versucht, so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu verursachen“,
       sagte der Emdener Kriminalrat Martin Lammers. „Das ist uns ein Stück weit
       nicht gelungen.“ Oberstaatsanwalt Bernard Südbeck wies darauf hin, dass die
       Polizei zu diesem Zeitpunkt keine andere Wahl gehabt habe, als den
       Jugendliche festzunehmen, denn er sei aufgrund von Aufnahmen einer
       Überwachungskamera dringend tatverdächtig gewesen.
       
       In der Vernehmung hatte er zwar seine Unschuld beteuert, verwickelte sich
       nach Angaben der Polizei aber in Widersprüche und konnte kein Alibi
       vorweisen. Freigelassen wurde er, weil sein genetischer Fingerabdruck nicht
       zu den Spuren am Tatort passte.
       
       Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hat die Polizei nun in
       Schutz genommen, den Ermittlern gratuliert und den Kriminologen Christian
       Pfeiffer attackiert – dieser habe selbst mit „einer falschen Ferndiagnose
       über das Vorgehen der Polizei“ die Arbeit der Mordkommission erschwert,
       sagte er.
       
       1 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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