# taz.de -- Interview zu Tempelhofer Vergangenheit: "So wenig Aufarbeitung wie möglich"
       
       > Die Historikerin Beate Winzer zur Geschichte des Tempelhofer Felds im
       > Nationalsozialismus
       
 (IMG) Bild: So soll die Zukunft von Tempelhof aussehen. Aber was ist mit der Vergangenheit?
       
       taz: Frau Winzer, warum wissen heute nur noch wenige Menschen von der
       Rolle, die das Tempelhofer Feld im Nationalsozialismus gespielt hat? 
       
       Beate Winzer: Das KZ Columbiahaus selbst ist 1936 abgerissen worden,
       stattdessen wurde das KZ Sachsenhausen eröffnet, weil die Kapazität hier
       viel größer war. Heute ist davon also nichts mehr sichtbar. Darüber hinaus
       liegt es an der allgemeinen Gedenkpolitik nach 1945.
       
       Inwiefern? 
       
       Deren Konsens lautete: so wenig Aufarbeitung wie möglich. Das galt auch und
       besonders für Zwangsarbeit, wie sie auf dem Feld stattfand. Die
       ZwangsarbeiterInnen aus der damaligen Sowjetunion wurden zum Inbegriff
       eines tief verwurzelten Feindbilds: Sie galten als die „Barbaren aus dem
       Osten“, man hat sie nicht als Menschen wahrgenommen. Und das, obwohl das
       Feld für alle einsehbar war, die Zwangsarbeit dort also für viele
       BerlinerInnen mit zum Alltag gehörte.
       
       Welche Art von Aufarbeitung fordern Sie? 
       
       Wir wünschen uns archäologische Grabungen, da viele der alten Baracken für
       Zwangsarbeiter nur oberflächlich aufgeschüttet wurden – da müssen noch
       Sachen zu finden sein. Wir wollen, dass dieser Bereich als Bodendenkmal
       gekennzeichnet wird. Außerdem setzen wir uns für eine Dauerausstellung in
       den Gebäuden des Flughafens ein, in der die Geschichte erzählt wird, das
       Gebäude ist groß genug. Kurz: Wir wollen eine inhaltlich tiefgehende
       Gedenkstätte, die ordentlich ausfinanziert und dauerhaft gepflegt wird.
       
       Woran scheitert das bisher? 
       
       Das Problem sind die Kosten. Gebäude und Grundstück sind im Besitz des
       Landes, sie müssen also möglichst gewinnbringend genutzt werden. Und da
       gibt es mit Sicherheit lukrativere Möglichkeiten als eine Gedenkstätte.
       
       Gibt es auch inhaltliche Bedenken? 
       
       Ja. Im Moment soll der Flughafen vor allem eine Eventlocation sein, an der
       die Menschen Spaß haben. Da passt eine KZ-Gedenkstätte nicht so gut dazu.
       Wir setzen uns für eine Aufarbeitung ein, die nicht in die
       Eventisierungsfalle tappt, sondern langfristig und nachhaltig wirkt.
       
       2 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malene Gürgen
       
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