# taz.de -- Streit der Woche: Papst vergrault Christen
       
       > Am Ostersonntag spricht der Papst seinen Segen, das Urbi et Orbi. Ein
       > religiöser Großauftritt. Aber was tut er politisch? Er vesagt, meint
       > Heiner Geißler.
       
 (IMG) Bild: 2010 war der Petersplatz voll, als Benedikt seinen Segen sprach.
       
       Christdemokrat, Katholik, Absolvent einer Jesuitenhochschule – all das hält
       Heiner Geißler nicht davon ab, zu Ostern mit dem Papst abzurechnen. Im
       Streit der Woche der aktuellen sonntaz, wirft er Benedikt XVI. sogar vor,
       Gläubige zu vergraulen.
       
       „Dass sich immer mehr Menschen vom Glauben abwenden, ist eine Folge des
       grandiosen päpstlichen Missverständnisses des Evangeliums als einer nur auf
       das Jenseits gerichteten apolitischen Lehre“, schreibt der frühere
       CDU-Generalsekretär und Autor des Buches „Was würde Jesus heute sagen?“.
       
       Versagt der Papst auf dem Gebiet der Politik? Ja, schreibt Geißler in
       seinem Gastbeitrag für die sonntaz. „Der Papst vernachlässigt in seinen
       Aussagen die politische Dimension des Evangeliums und spiritualisiert das
       Christsein.“ Die Nächstenliebe, die Jesus propagiert habe, sei nicht
       Ausdruck von Gutmenschentum, sondern knallharte Pflicht.
       
       Nämlich, „denen zu helfen, die in Not sind, und dies geht weltweit nur
       durch eine Veränderung der Strukturen.“ Strukturen, die Benedikt XVI.
       allerdings nicht anprangert, bemängelt Geißler. Weder kritisiere das
       Kirchenoberhaupt die Kriminalität der Investmentbanker noch die Habgier der
       Spekulanten.
       
       Zuletzt trat der Papst in Kuba für mehr Freiheitsrechte ein, kritisierte
       das US-Embargo. Regelmäßig spricht er sich gegen die Todesstrafe aus, im
       vergangenen September sprach er im deutschen Bundestag. Wie sehr darf und
       soll sich der Papst politisch einmischen? Und mischt sich Benedikt der XVI.
       auf die richtige Art ein?
       
       Nein, er versagt, sagt Kornelia Möller, Bundestagsabgeordnete der
       Linkspartei, taz.de. „Auch an der Kirche geht die Zeit nicht spurlos vorbei
       und die Gläubigen fordern eine Überprüfung der Positionen. Dieser Papst
       scheint ein Vertreter des rückwärtigen Blicks zu sein.“
       
       Dagegen lobte der Jesuit Klaus Mertes, Direktor des Kollegs St. Blasien,
       der Papst habe Bücher veröffentlicht, die er ausdrücklich nicht als
       unfehlbar verstehe. Und: „In der Missbrauchsfrage brach er das Schweigen
       der Kurie und hisste die Fahne der Aufklärung, die unter seinem Vorgänger
       Papst Johannes Paul II. und Angelo Kardinal Sodano mehr oder weniger
       eingerollt im Keller gelegen hatte.“
       
       Mertes [1][war es], der als Leiter des Berliner Canisius-Kollegs dafür
       sorgte, dass die Missbrauchsfälle an der Schule aufgeklärt werden.
       
       Außerdem diskutieren im Streit der Woche der Vatikanjournalist Francesco
       Peloso, die Sprecherin der Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“, Sigrid
       Grabmeier, Jaroslaw Makowski, ein Theologe und Publizist aus Polen, Dirk
       Tänzler, Bundesvorsitzender des Bundes der Katholischen Jugend und
       taz.de-Leserin Claudia Weiss.
       
       7 Apr 2012
       
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