# taz.de -- Digitales Berlin: Freies WLAN 2.0
       
       > Nach Rot-Rot versucht sich jetzt Rot-Schwarz am kostenlosen Internet. In
       > abgespeckter Form allerdings: Nur an zentralen Orten soll es öffentliches
       > WLAN geben.
       
 (IMG) Bild: Für lau ins Internet: Netz-Surferin im Café Sankt Oberholz.
       
       Der Senat startet den nächsten Versuch, öffentliches WLAN in Berlin
       einzurichten, über das gebührenfrei im Internet gesurft werden kann. Bis
       zum Sommer wolle das Land an private Anbieter herantreten, die WLAN an
       zentralen Punkten der Stadt bereitstellen sollen. Das sagte der für das
       Projekt zuständige Senatskanzleichef Björn Böhning (SPD) der taz. „Wir
       bereiten derzeit ein Interessenbekundungsverfahren vor“, so Böhning. „Wir
       hoffen, bis zum Herbst entsprechende Angebote zu bekommen.“
       
       Angedacht sei ein privatwirtschaftliches Modell, in dem Unternehmen WLAN
       über Werbung selbst finanzieren. „Wir sind aber auch offen für Bewerbungen
       der Freifunker und anderer Initiativen“, betonte Böhning. Die Freifunker
       sind eine Gruppe, die sich für ein freies Netzwerk in Berlin einsetzt. Am
       Ende des Prozesses sollen viele kleine WLANs mit unterschiedlichen
       Betreibern auf eine Plattform kommen.
       
       Die Vernetzungspläne des Senats sind nicht neu: Bereits die rot-rote
       Regierung hatte sich damit befasst. 2009 war die Idee noch, Laternenpfähle
       und Ampeln als Sendemasten für das WLAN zu nutzen. Die Senatsverwaltung für
       Stadtentwicklung blockierte den Vorstoß aus Sorge, die Lampen zu
       verschandeln und die Ampelfunktionen zu stören. Der Plan vom freien
       Internet tauchte erst wieder im Koalitionsvertrag von Rot-Schwarz auf.
       
       In keiner deutschen Stadt gibt es bislang flächendeckendes WLAN. Andere
       europäische Städte sind da bereits weiter, wie ein Blick nach England
       zeigt: In London will der Mobilfunkbetreiber O2 für die Olympischen
       Sommerspiele 2012 in drei Innenstadtbezirken das größte freie WLAN Europas
       installieren. Und im englischen Bristol kooperieren Freifunkinitiativen mit
       der Stadt, um ein dichtes Netz zu ermöglichen. Neben städtischen Antennen
       werden auch die Router von Privatpersonen genutzt.
       
       Ein ähnliches Modell kann sich der Freifunker Alexander Morlang (Piraten)
       für Berlin ebenfalls vorstellen. „So könnten wir das WLAN auch in sozial
       schwache Bezirke bringen“, sagte er. Freien Netzzugang nur an ausgewählten
       Hotspots innerhalb des S-Bahn-Rings anzubieten, wie es der Senat für den
       Anfang plant, bezeichnete Morlang gegenüber der taz als „absurde
       Rosinenpickerei“ und „Verzweiflungstat“.
       
       Für ein flächendeckendes Gratis-WLAN bräuchte man ein dichtes Netz von
       Sendeanlagen, weil WLAN-Router nur schwache Wellen aussenden, sagte
       Morlang. „Will man wirklich jeden Hinterhof in ein offenes Netz einbinden,
       ist man auf die Bürger angewiesen“, so Morlang weiter. Sie müssten ihre
       Router öffentlich zugänglich machen.
       
       Ein Hindernis ist dabei das geltende Recht: Danach haftet der Besitzer
       eines Routers, wenn andere über seinen Netzzugang etwa illegal Inhalte
       downloaden. Dass das Betreiber abschreckt, ihre WLANs zur Verfügung zu
       stellen, haben auch die Fraktionen von SPD und CDU erkannt. Sie fordern den
       Senat nun auf, sich auf Bundesebene für die Rechtssicherheit der Betreiber
       offener WLAN-Netze einzusetzen. Die eingeschränkte Haftung soll für Bürger,
       Unternehmen und Kommunen gelten.
       
       10 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Joanna Itzek
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ein Lob auf den Piratenpopulismus: Twittern statt saufen
       
       In der Form rüde, inhaltlich schwach: Die Piraten seien nur der Stammtisch
       der virtuellen Welt, warnen Mandatsträger. Und der soll nicht in den
       Bundestag dürfen? Doch!
       
 (DIR) Kommentar zu freiem WLAN: WLAN muss Teilhabe bedeuten
       
       Das Gratis-Internet gehört in die sozial schwachen Viertel der Stadt.
       
 (DIR) Böhning über Netzpolitik: „Keine digitalere Stadt als Berlin“
       
       Der Chef der Senatskanzlei, Björn Böhning (SPD), über die netzpolitische
       Entwicklung Berlins, Medienkompetenz im Unterricht und die
       Überlebenschancen neuer Start-ups.