# taz.de -- Kassen wollen Zahnarztrechnungen prüfen: Den Ärzten auf den Zahn fühlen
       
       > Die Kassen wollen auch den Teil der Zahnarztrechnung überprüfen, den der
       > Patient selbst bezahlen muss. Damit wollen sie die Patienten vor
       > überhöhten Rechnungen schützen.
       
 (IMG) Bild: Ist das Bohren schon schlimm genug, kommt mit der Rechnung oftmals noch eine böse Überraschung.
       
       BERLIN taz | Auf eine reservierte Reaktion der Bundesregierung stieß am
       Dienstag die Forderung der Krankenkassen, sie wollten Zahnarztrechnungen
       künftig kontrollieren. „Wird geprüft“, lautete die offizielle Stellungnahme
       des Gesundheitsministeriums knapp.
       
       Doch ließ der Ministeriumssprecher durchblicken, dass man es für fragwürdig
       halten könnte, dass die Krankenkassen neben dem für sie gedachten „Heil-
       und Kostenplan“ auch noch die privaten Verträge zu sehen bekämen, die
       zwischen Patient und Zahnarzt geschlossen werden.
       
       Es steht also dahin, ob den Krankenkassen der gesetzliche Weg zu mehr
       Einsicht in zahnärztliche Abrechnungen so bald geebnet wird. Doch befindet
       sich für den Sprecher des Kassen-Spitzenverbands GKV, Florian Lanz, die
       Debatte auch „noch ganz am Anfang“.
       
       Der GKV-Spitzenverband veröffentlichte am Dienstag ein Positionspapier, in
       dem er die „zunehmende Privatisierung der zahnärztlichen Versorgung“
       beschrieb – und wie die Krankenkassen dadurch „auf die Rolle des Bezahlers
       reduziert werden“.
       
       Die Kassen verlangen daher, mit den Zahnärzten Höchstsätze verhandeln zu
       können. Sie wollen Art und Kosten der zahnärztlichen Leistungen anhand der
       Rechnungen überprüfen können, auch wenn diese zu mittlerweile drei Vierteln
       vom Patienten privat bezahlt werden. „Wir wollen damit die Patienten
       schützen“, erklärte Lanz.
       
       Die Heil- und Kostenpläne, die der Patient gegenwärtig mit Zahnarzt und
       Kasse abspricht, geben nicht immer „die Höhe des am Ende tatsächlich
       gezahlten wieder“, sagte Lanz.
       
       Die Zahnärzte fänden häufig Wege, kostensteigernde Extrabehandlungen
       geltend zu machen und dadurch die Rechnung hochzutreiben. Hierüber lägen
       bei Patientenberatungsstellen viele Beschwerden vor.
       
       Die Idee der Kassen: Wenn der Zahnarzt damit rechnen muss, dass nicht ein
       verdatterter Patient, sondern die Kasse am Ende unangenehme Fragen stellt,
       wird er sich diese Praxis gut überlegen.
       
       Den Krankenkassen liegen Daten vor, wonach die Zahnarztbehandlungen seit
       der Honorarreform 2005 für die Patienten wesentlich teurer geworden sind.
       In einer Erhebung von 2009 kommt der Ersatzkassenverband vdek zu dem
       Schluss, dass die Versicherten von 2005 bis 2009 vor allem für Füllungen
       und Implantate sehr viel mehr bezahlen mussten.
       
       Alles, was nicht reine Basisversorgung war, kam die Patienten laut
       vdek-Stichprobe etwa 10 bis 14 Prozent teurer. Die Gewichte zwischen dem
       Kassenanteil und dem privatärztlich abgerechneten Teil haben sich
       verschoben.
       
       Längst ist dabei strittig, an welchem zahnmedizinischen Fortschritt die
       Versicherten eigentlich Teil haben sollen und können. Die
       „Regelversorgung“, die offiziell noch hälftig kassenbezahlt wird, hat
       längst nur noch wenig mit dem zahnmedizinisch Empfohlenen und Erwünschten
       zu tun, und dabei geht es nicht nur um Kosmetik.
       
       Der GKV-Spitzenverband deutet dies immerhin an – und übt auch Selbstkritik,
       indem er feststellt, dass die Vorbereitungen zur Überprüfung der
       Regelversorgung „viel zu lange gedauert haben“. Nun sei es aber Zeit.
       
       Unterstützung erfuhren die Kassen am Dienstag vom Bundesverband
       Verbraucherzentralen. Der Vorschlag der Kassen ermögliche eine „gute
       Kontrolle“, sagte Gesundheitsreferentin Susanne Mauersberg.
       
       Die Abrechnung nach zwei unterschiedlichen Gebührenordnungen beim Zahnarzt
       – einerseits Kassensatz, andererseits privatärztlich – lasse Transparenz
       kaum zu. „Ziel muss es daher sein, die Honorarordnungen anzugleichen“,
       erklärte Mauersberg. Auch der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach
       formulierte Unterstützung.
       
       Die Bundeszahnärztekammer erklärte den Kassenvorstoß dagegen für absurd.
       „Der Gesetzgeber dünnt die Leistungen immer mehr aus, der Patient muss mehr
       zuzahlen.“ Für „die Schieflage in der Verteilungsstruktur“ könnten die
       Zahnärzte aber nicht der Sündenbock sein, sagte Kammerchef Peter Engel.
       
       10 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulla Wohlwill
       
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