# taz.de -- Briefmarke zu Ehren Axel Springers: Der bleibt kleben
       
       > Bundesfinanzminister Schäuble stellt eine Sonderbriefmarke vor - zum 100.
       > Geburtstag des "Bild"-Erfinders Axel Springer am 2. Mai. Fast wäre es
       > schiefgegangen.
       
 (IMG) Bild: Vorhang auf! Wolfgang Schäuble und die Verlegerin Friede Springer enthüllten die Sonderbriefmarke zu Ehren des Geburtstagskindes.
       
       Was wäre wohl aus Friede Springer geworden, wenn sie nicht diesen Mann
       getroffen hätte? Axel Cäsar Springer: Verleger, Freiheitskämpfer, Patriot.
       
       Vielleicht hätte sie auf einer Autofähre angeheuert, so präzise dirigiert
       sie an diesem Tag im 19. Stock des Axel-Springer-Hauses, der ein besonderer
       ist, weil der Minister gekommen ist: Nicolaus, stell dich neben Döpfner!
       
       Sie winkt, bis jeder seinen Platz hat, zentimetergenau sind sie nun
       aufgestellt um die Sonderbriefmarke des Bundesfinanzministers. Kein Platz
       verschenkt. Jetzt grinsen. Auch das wäre denkbar gewesen: Friede Springer
       stattet „Verbotene Liebe“ aus. Intrigen, Adel, Leidenschaft. So sehr
       erinnert das Gruppenbild mit dem Minister vor falschem Holz und falschen
       Büchern, die whiskeyschweren Sessel, an jene Billigproduktion der ARD.
       
       Aber geschenkt. Friede Springer, geborene Riewerts, traf Axel Cäsar
       Springer. Verleger, Freiheitskämpfer, Patriot. Gut für sie, gut auch
       irgendwie für das Land. Und weil sie ihn traf und weil jener vor hundert
       Jahren das Licht der Welt erblickte, hat Friede Springer geladen an diesem
       Tag.
       
       ## Axel Springer und die Briefmarke
       
       Axel-Springer-Haus Berlin, Journalistenclub, 19. Stock: Der Minister
       spendiert eine Briefmarke zu Ehren des Verlegers. Mathias Döpfner,
       baumgroß, Vorstandsvorsitzender der Axel-Springer AG, leitet mit einem
       Vergleich ein, der ihm beim morgendlichen Frisurmachen eingefallen sein mag
       oder sonst wo, es tut ja nichts zur Sache.
       
       „Eine Briefmarke bleibt kleben, bis sie angekommen ist“, sagt Mathias
       Döpfner.
       
       Das verbinde die Briefmarke mit Axel Springer.Und man will dreierlei
       dazwischenrufen: Ist es, erstens, angemessen, Axel Cäsar Springer mit einer
       Briefmarke zu vergleichen? Hier der Freiheitskämpfer, dort ein Stück
       Papier.
       
       Und ist es nicht zweitens so, dass Briefmarken auch kleben bleiben, wenn
       sie längst angekommen sind, außer man löst sie gewaltsam vom Couvert?
       
       Und warum hat Sie drittens, Herr Döpfner, das Feuilleton der FAZ jemals
       ziehen lassen, bei diesem messerscharfen Intellekt?
       
       „Die Marke koschded 55 Zent“, sagt Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister,
       nach freundlicher Einleitung des Vorstandsvorsitzenden. „Billiger als die
       Bild. Sie hat eine Auflage von fünfeinhalb Millionen.“ Mehr als die Bild. 
       
       ## Hier ist ein Freund zu Gast
       
       Und wie der Bundesfinanzminister so seine Vergleiche zieht, zwischen der
       Potenz des Staates und jener der Bild, es steht nach seiner Rechnung zwei
       zu null, und Gelächter aufkommt, bleibt zu notieren: Hier ist ein Freund zu
       Gast.
       
       „Er war so sehr ein Patriot“, sagt Freund Wolfgang.
       
       Neben ihm steht eine Staffelei, auf der eine halbmetergroße Pappmarke auf
       Friede Springer wartet, und man kann schon durch die Seide erahnen: Es ist
       ein grobgerastertes Foto des Verlegers darauf mit der Aufschrift „Axel
       Springer 1912–1985“. Wie es auch auf der Presseinformation zu lesen ist,
       die am Eingang auslag. Die Spannung ist weg. Das spürt auch Freund
       Wolfgang.
       
       Es wären Eulen nach Athen getragen, wenn er hier nochmals betone, dass Axel
       Cäsar Springer eine bedeutende Person gewesen sei, sagt der
       Bundesfinanzminister.
       
       Jetzt ist es Zeit zu enthüllen. Ob es wohl in Mathias Döpfner zuckt, ob der
       Möglichkeit eines Vergleichs an dieser Stelle? Wir sind die Meister der
       Enthüllung, denken Sie an Wulff, höhö.
       
       ## Staffelei wäre fast gekippt
       
       Friede Springer greift in die Seide, blickt zum Bundesfinanzminister, weil
       auch er in die Seide greifen soll, sie bedeutet das Freund Wolfgang mit
       unsicherem Blick, und man notiert: Sie wäre vielleicht die sanfteste
       Parkeinweiserin der Weltmeere geworden.
       
       Dann, fast unheilvolles Ende, berührt Friede Springer die Staffelei, zerrt
       an der Seide. Die Staffelei kippt, steht nur noch auf zwei Beinen. Raunen
       der Kameramänner.
       
       Gelächter, Entsetzen, uiuiui.
       
       Was wären das für Bilder? Der Freiheitskämpfer am Boden.
       
       11 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Dachsel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA