# taz.de -- Nazi-HipHop: Gangsta unter brauner Flagge
       
       > Nazis haben den Rap für sich entdeckt. Leider kapieren nicht alle die
       > Motivation der rechtsradikalen Texte. Eine stärkere Medienpräsenz könnte
       > Abhilfe schaffen.
       
 (IMG) Bild: Hat definitiv nichts mit Rechtsextremismus zu tun: Chaoze One.
       
       Sie tragen scheinbar unverfängliche Rappernamen wie „Sprechgesang zum
       Untergang“ oder „Natürlich“. Dahinter verbergen sich aber waschechte Nazis.
       Auch wenn es bizarr klingt: Ihr Musikstil hat in den Ghettos der New Yorker
       Bronx seinen Ursprung. HipHop von Nazis? Nazis missbrauchen Popmusik schon
       länger für die Akquise brauner Kameraden, aber Nazi-HipHop ist relativ neu.
       
       Und die Strategie, Rap – der seine Popularität hierzulande nicht nur Fanta
       4 und Fettes Brot zu verdanken hat, sondern auch den Kool Savas’ und Azads
       – für sich zu nutzen, fruchtet. Videoclips von Nazirappern werden von
       Tausenden auf YouTube angesehen, nicht alle Konsumenten sind Nazis. „Auf
       jeden Fall finde ich, Jugendliche sollten lieber den Rapper Bock hören als
       diesen MuselMoslemRap“, postet zum Beispiel der User Wolf auf der
       Naziwebsite politikforen.net.
       
       Wie kommt es, dass dem Nazi-Rapper Bock auf den Leim gegangen wird? Liegt
       es an den Pseudo-Gangsta-Zeilen in seinem Song „Blutlinie“, in denen er
       seinen Zuhörern verspricht, wenn es mit dem Rappen nicht klappe, „gibt’s
       Hartz IV bis zur Rente / Dann darf ich Koks verkaufen, bis ich 60 bin / Und
       lerne nach deiner Frau deine Tochter kennen / Denn sie will einen Mann mit
       Geld und Verstand und keine Missgeburt aus dem Morgenland“?
       
       Wind in die Nazi-HipHop-Szene brachte vor allem der Lagerwechsel des
       Gütersloher Rappers Makss Damage 2010. Der 23-Jährige machte vorher mit
       Liedern wie „Lenin“ oder „Kommunisten-Power“ in der linken Szene auf sich
       aufmerksam. Urplötzlich bekannte sich Makss Damage jedoch öffentlich zur
       rechtsradikalen Szene und untermauerte seine Einstellung mit rassistischen
       Behauptungen wie der, dass Migrantenfamilien mehr Geld als Deutsche hätten.
       „Sie fahren mit dicken 3er BMWs durch die Gegend, tragen Schmuck, von dem
       die meisten von uns nur träumen können.“
       
       ## Braune Texte
       
       Makss Damage war nicht der Erste, der versuchte, braune Texte mit
       Black-Music-Elementen zu verbinden. Im Jahr 2003 manifestierte sich
       Nazi-Rap von der Dessauer Crew Dissau Crime. Sie veröffentlichte das in der
       Szene beachtete Debütalbum „Zyklon D – Frontalangriff“. Im Outro des Albums
       hetzten sie gegen Ausländer. Zeilen wie „Ja, ich bin ein Nazi / Von wegen
       Stasi / Ich schlag sie / Die SS hab ich als Rückendeckung / Also geh besser
       in Deckung“ führten zur Indizierung durch die Bundesprüfstelle für
       jugendgefährdende Medien. Es folgte ein Prozess vor dem Amtsgericht Dessau,
       2006 wurden die Musiker zu Geldstrafen verurteilt.
       
       Wie schaffen es Makss Damage und Konsorten, ihre Musik an die Glatze zu
       bringen? Sie werden von Dienstleistern wie dem Vertriebsunternehmen
       Resistore unterstützt, dessen Website auf dem nach eigenen Angaben
       „klicksicheren“ Hoster „1st-amendment“ untergebracht ist. Paradoxerweise
       beruft sich das Unternehmen im Geschäftsnamen auf den ersten Zusatzartikel
       der Verfassung der USA – einen der Hauptfeinde der Rechten.
       
       Das HipHop-Mackergehabe und das Spielen mit den Wurzeln, zentral im Rap
       verankert, macht dieses Genre auch für Rechtsextremisten anziehend. Das
       Problem ist vor allem die regionale Verwurzelung der Musiker. Das
       Düsseldorfer Duo N’Socialist Soundsystem bestehend aus Blastbeatkönig von
       Thule und Henry H etwa benutzt Rap nach eigenen Angaben, „weil das Genre
       gerade bei jüngeren Leuten sehr aktuell ist“.
       
       Immer wieder hören Jugendliche ohne politische Ambitionen zu und können
       folgende Zeilen nicht sofort dekodieren: „Ich bin der deutsch gebliebene
       Deutsche in der Sprechgesangsmusik / Der anstatt Koks lieber
       rot-weiß-schwarze Flaggen hochzieht!“ („Zeit für guten Rap“, N’Socialist
       Soundsystem). Schüler einer Düsseldorfer Gesamtschule gaben bei einer
       Umfrage an, regelmäßig Musik von N’Socialist Soundsystem zu hören, ohne
       dass ihnen die rechtsradikalen Texte bewusst sind.
       
       Wenn gegen gewalttätige, homophobe und frauenfeindliche Rap-Texte
       vorgegangen wird und deren Interpreten etwa in Talkshows im
       öffentlich-rechtlichen Fernsehen strategisch vorgeführt werden, dann sollte
       dies auch mit den Interpreten brauner Musik geschehen. Stärkere
       Medienpräsenz ist wohl der Preis, den man für die Demokratie zahlen muss.
       
       Liebe LeserInnen dieses Artikels: Der deutsch rappende Musiker Chaoze One
       wurde in diesem Artikel anfangs fälschlicherweise auch als rechtsextremer
       Rapper genannt. Das ist ein schwerer Fehler, der uns sehr peinlich ist und
       für den wir uns bei Chaoze One und seinen Fans ausdrücklich entschuldigen
       möchten. Chaoze One hat sich in seinen Texten und in politisch überaus
       reflektierten Interviews stets ausdrücklich gegen jede Form von Rassismus
       etwa in der Asylpolitik, aber auch in seinem konkreten Lebensumfeld gewandt
       und ist seit 1997 in Antifa-Gruppen aktiv. 
       
       Er absolvierte viele Auftritte bei politischen Kampagnen, die sich
       ausdrücklich gegen Rassismus und Diskriminierungen richteten. Das Versehen
       tut uns wirklich leid! Hier ist übrigens [1][Chaoze Ones Reaktion] auf
       unseren Text. Die Redaktion
       
       13 Apr 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.chaozeone.de/?p=517
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Youssef Zauaghi
       
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