# taz.de -- Mutmaßungen über Arjen Robben: Narziss und Goldschuh
       
       > Bei der 0:1-Niederlage im Spitzenspiel gegen Dortmund stand bei Bayern
       > München Arjen Robben im Mittelpunkt. Hat er seinem Team die deutsche
       > Meisterschaft vermasselt?
       
 (IMG) Bild: Ups. Für Arjen Robben war es ein gebrauchter Tag.
       
       DORTMUND taz | Manchmal sind es Nuancen, die einem Spiel eine Geschichte
       geben, kleine Berührungen, die von manchen übersehen werden. Roman
       Weidenfeller, der Nebendarsteller in der Geschichte vom Mittwochabend im
       Bundesliga-Spitzenspiel von Borussia Dortmund und dem FC Bayern, wollte
       auch nichts gemerkt haben, gar nichts: „Ich habe ihn doch nicht einmal
       berührt.“
       
       Die Berührung hatte nach Ansicht des Referees Arjen Robben gegolten, dem
       niederländischen Außenstürmer, der über die fangbereiten Arme des Torhüters
       wie mutwillig stolperte. Elfmeter – das war die Reaktion des
       Unparteiischen, und weil Robben in seiner Gier auf ein Tor nicht zu bremsen
       war, trat er an – und scheiterte, da sein unplatziert getretener Ball in
       den Armen des Dortmunder Keepers landete.
       
       Was für eine Dimension: Robbens Fehlschuss dürfte die Bayern den Titel
       gekostet haben. Wären Robben und Weidenfeller nicht auf solche Weise
       kollidiert, es wäre ein Match ohne große Geschichte gewesen.
       
       Ein Tor aus der 77. Minute von Robert Lewandowski, der sich mittlerweile
       als der vielleicht beste Mittelstürmer der Bundesliga wähnen darf, gab es
       aus Dortmunder Optik zu bejubeln und aus bayerischer zu beklagen. Nichts
       Ungewöhnliches also in einem Spiel zweier guter Mannschaften, in dem
       zunächst die Dortmunder und dann die Bayern dominierten.
       
       ## Abseits aufgehoben
       
       Doch Robbens Tragik hob das Spiel aus der Menge von passablen
       Spitzenspielen heraus. Es war ja nicht nur der Penalty allein. Beim 1:0,
       als Lewandowski den Ball mit der Sohle ins Tor lenkte, war es Robben, der
       die Abseits-Position aufhob. Und so konnte Lewandowsi dem Ball die
       entscheidenden Richtungsänderung auch regelkonform geben.
       
       Als Robben zum Elfmeter antrat, rechneten wohl nur die Wenigsten mit einem
       Fehlschuss, denn Robben galt als der sicherste Schütze der Bayern. Im
       Streit um den Penaltyschützen Nummer eins hatte er sich während der Saison
       beinahe mal handfester Argumente in einer Diskussion mit Mario Gomez
       bedient; er erstritt sich das Recht, die Strafstöße ausführen zu dürfen.
       Und weil Robben bisher ausnahmslos erfolgreich war, wurde seine Absicht
       zumindest am Mittwochabend nicht infrage gestellt – zumal Gomez bereits
       ausgewechselt war. Doch nach seinem Fehlschuss begannen schnell jene
       Diskussionen, die einzig um seinen Eigensinn kreisten.
       
       War er nicht immer schon einer, dessen Hang zur Selbstdarstellung den
       Spielfluss hemmte? Hat sich Robben nicht selbst zum Außenseiter in dieser
       Mannschaft gemacht? Erst kürzlich schwärmte Franck Ribéry, sein Gegenstück
       auf der linken Angriffsseite der Bayern, von der Klasse mancher Kollegen.
       Robben fehlte in seiner Aufzählung.
       
       ## Fehlschüsse im WM-Finale
       
       Narziss oder Goldschuh? Eine heikle Frage. Mancher rief sich Bilder aus
       Südafrika in Erinnerung, Bilder vom WM-Finale, als Robben zweimal allein
       auf Spaniens Torhüter Iker Casillas zusteuerte – und beide Male vergab. Und
       so kursierte auch die Frage: Ist er einer von denen, die prädestiniert
       sind, in großen Augenblicken zu scheitern? Urplötzlich wurde er von manchem
       Experten als typischer Exponent des niederländischen Fußballs begriffen, zu
       dessen Geschichte es gehört, nach großem Spiel im entscheidenden Augenblick
       der zweite Sieger zu sein.
       
       Die Geschichte des Arjen Robbens war zu schillernd, als dass sie noch viel
       Raum für den Sieger geboten hätte, speziell Roman Weidenfeller, der die
       Zahl gehaltener Penaltys im Karriereverlauf an beiden Händen abzählen kann.
       Er warf sich in die Brust und feierte, dass die Fairness gesiegt habe. Und
       in einem Anflug von Selbsterkenntnis sagte er: „Ich halte zwar nicht viele
       Elfmeter. Aber die wichtigen.“
       
       Übertragen auf Robben ließe sich sagen: Er vergab nicht viel. Nur
       Wichtiges. Doch Kritik oder gar Anschuldigungen gab es nicht für ihn. Es
       könne ja mal passieren, dass eine Chance oder ein Elfmeter vergeben wird,
       sagte Jupp Heynckes, der Bayern-Coach, mit bemerkenswerter Gelassenheit.
       Uli Hoeneß, der Robben vor dem Fehlschuss noch als sichersten Schützen
       gerühmt hatte, sagte vorsichtshalber gar nichts. Er weiß, wie es ist, aus
       elf Metern zu versemmeln.
       
       12 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Osterhaus
       
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