# taz.de -- Dioxin: Hühner legen schlechte Eier
       
       > Schon wieder wurde das Umweltgift in deutschen Eiern entdeckt - auch in
       > welchen aus Niedersachsen. Besonders gefährdet sind ausgerechnet die Eier
       > von Freilandhühnern.
       
 (IMG) Bild: Paradox: Dioxinfrei sind am ehesten Eier aus der Legebatterie.
       
       HAMBURG taz | Wenn glückliche Biohühner ihre Körner vom Boden picken,
       müsste die Welt in Ordnung sein. Ist sie aber nicht – denn außer den
       Körnern kann das Geflügel auch Umweltgifte aufnehmen. Polychloriertes
       Biphenylen (PCB) heißt das Dioxin, das dieses Mal die deutschen Verbraucher
       aufschreckt. Erst in Nordrhein-Westfalen, jetzt auch in Niedersachsen. Zwei
       Höfe im Landkreis Aurich wurden vorerst gesperrt. Die Eier weisen die
       Dioxin-Werte 7,24 und 19,5 Picogramm pro Gramm Fett auf. Der Grenzwert
       liegt bei 5,0 Picogramm.
       
       „Die Ermittlungen laufen, wir können noch nicht sagen, woher es stammt“,
       sagt Natascha Manski vom niedersächsischen Landwirtschaftsministerium. Der
       Stoff tauche überall in der Umwelt auf. PCB entsteht zum Beispiel durch
       Müllverbrennung. „Es kann wieder vom Futtermittel kommen, aber auch vom
       Wasser oder aus dem Boden“, sagt Manski.
       
       Es müsse zügig geklärt werden, wo das Umweltgift herkomme, fordert die
       Linkspartei im niedersächsischen Landtag. Auch die Überprüfung der
       Lebensmittelhersteller sei mangelhaft. „Die Dioxinverseuchung hätte
       schneller entdeckt werden können, wenn es häufigere Kontrollen durch die
       staatliche Stelle gäbe“, sagte die agrarpolitische Sprecherin der Linken,
       Marianne König.
       
       Die Linke hätte lieber mal die Gesetzesänderung des letzten Jahres lesen
       sollen, entgegnet Manskis Kollege Christian Wittenbecher. 2011 reagierte
       der Gesetzgeber auf den vorangegangenen Dioxin-Skandal: Die Ergebnisse der
       sogenannten Eigenkontrollen, die jeder Lebensmittelerzeuger in Deutschland
       durchführen muss, werden seitdem auch an die Behörde geschickt und nicht
       mehr nur zurück zum Betrieb. Diese Prüfung müsse alle zwei bis drei Monate
       durchgeführt werden, sagt Wittenbecher. „Das Frühwarnsystem hat in diesem
       Fall funktioniert.“
       
       Die Aufnahme von Dioxin durch Hühner ließe sich nur schwer vermeiden, sagt
       Harald Gabriel vom ökologischen Anbauverband Bioland. Gegen PCB sei keiner
       gefeit, auch wenn in ihren Reihen so ein Fall nicht aufgetreten ist. „Wenn
       auf einem Stück Land zum Beispiel vor Jahren ein Osterfeuer stattgefunden
       hat, dann ist der Boden belastet“, sagt Gabriel.
       
       Trotzdem werden die Bioland-Hühner draußen gehalten. „Sonst können Sie ja
       auch kein Gemüse mehr essen, das draußen angebaut wird“, sagt Gabriel.
       Tiere in Käfighaltung sind Umwelteinflüssen nicht ausgesetzt, doch das ist
       für Gabriel keine Alternative. „Ich würde deswegen keine Eier aus
       Käfighaltung essen.“
       
       PCB wird vom Körper nicht abgebaut, der Mischstoff lagert sich in den
       menschlichen Fettzellen ab. „Eine akute Wirkung dieses Stoffes kennen wir
       nur aus Industrieunfällen, nach der Aufnahme hoher Konzentrationen am
       Arbeitsplatz und nach absichtlichen Vergiftungen“, sagt Suzan Fiak vom
       Bundesinstitut für Risikobewertung. Die Aufnahme sei unvermeidbar, es komme
       überall vor.
       
       So kann in einem Hering zum Beispiel die zehnfache Menge PCB vorkommen.
       Trotzdem darf er im Supermarkt verkauft werden. „Die Höchstgehalte ergeben
       sich unter anderem aus der Hintergrundbelastung“, erklärt Fiak. Da Fische
       nur im Wasser gehalten werden können und damit stärker Umwelteinflüssen
       ausgesetzt sind, gilt für sie ein anderer Höchstgehalt.
       
       Anlässlich des Dioxin-Skandals 2011 hat der Leiter des Europäischen
       Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften, Uwe Pollmer,
       darauf hingewiesen, dass die allgemeine Belastung durch Dioxine vor 20
       Jahren drei Mal so hoch war wie heute. Es gebe keine Hinweise, dass die
       damalige Belastung zu gesundheitlichen Auswirkungen geführt hat.
       
       „Man muss darüber nachdenken dürfen, den Höchstgehalt von Dioxin oder
       ähnlichen Stoffen in Eiern zu erhöhen“, sagt Christiane Riewerts vom
       Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft vorsichtig. „Aber wir
       wollen so eine Forderung nicht stellen“, ergänzt sie schnell. Jede
       Haltungsform habe Vor- und Nachteile. „Aber solange die Hühner draußen
       herumlaufen, sind sie auch der Umwelt ausgesetzt.“
       
       13 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Timo Robben
       
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