# taz.de -- Spiel der Bundesliga: Bremer Gleichmut
       
       > Im Duell B-Elf gegen Not-Elf wechselt der FC Bayern München den Solisten
       > Franck Ribéry ein und besiegt Werder Bremen mit einem 2:1. Werder hat
       > somit nur noch eine minimale Chance auf die Europa League.
       
 (IMG) Bild: Tragischer Held: Zwei Tore zeigt Naldo (Mitte) da auf - eins ging ins eigene Tor.
       
       BREMEN taz | Als der tragische Held eine Stunde nach Spielschluss in seiner
       panzerähnlichen Limousine auf die Rampe des Weserstadions einbiegen wollte,
       wurde er von einer kleinen Fangruppe gestoppt. Doch statt böser Worte
       ertönten an den sich leerenden Würstchenständen „Naldo, Naldo“-Rufe. Der
       brasilianische Abwehrspieler ließ das Fenster herunter, zeigte sein
       unnachahmliches Lächeln und schrieb Autogramme.
       
       Dabei hatte Werder mit der 1:2-Niederlage gegen Bayern München gerade die
       wahrscheinlich letzte Chance verspielt, im nächsten Jahr an der Europa
       League teilzunehmen. Und Naldo, der seit Monaten mit einer Rückkehr nach
       Brasilien kokettiert, hatte mit einem Eigentor in der 75. Minute die
       Niederlage eingeleitet.
       
       Aber Bremer Fußball-Fans wissen: Wenn du etwas willst, musst du nett sein.
       Und dass Naldo ein Grün-Weißer bleibt, wollen sie seit diesem Spiel mehr
       als zuvor. Wer sonst, als dieser spiel-, zweikampf- und kopfballstarke
       Sympathieträger, der selbst den Bremer Führungstreffer in der 51. Minute
       erzielte, soll der unerfahrenen Mannschaft in Zeiten des Umbruchs
       Stabilität geben?
       
       Den Mann, der ein paar Limousinen hinter ihm stand, sieht keiner mehr in
       dieser Rolle. Die einzigen Fans, die die oft gesungene Zeile „Pizarro, oh.
       Oh, oh“ anstimmten, trugen an diesem Tag rote Farben und Lederhosen. Auch
       wenn Claudio Pizarro seine Zukunft selbst weiter im Dunkeln lässt, pfeifen
       die Spatzen seinen Wechsel nach München von den Dächern.
       
       Das ausbleibendes Bekenntnis zu Werder führt weder zu Unmutsäußerungen noch
       Charmeoffensiven der Fans. Zu nahtlos hat sich Werders Torjäger, der noch
       in der Hinrunde als Werders „Lebensversicherung“ galt, mittlerweile ins
       graue Mittelmaß eingereiht. Die Überzeugung breitet sich aus, der Verbleib
       des Spitzenverdieners könnte den Umbruch mehr behindern als befördern.
       
       In der Ostkurve dauerte es am Samstag lange, bis die Fans überhaupt
       begannen, sich für das Spiel zu interessieren. Die Eingangschoreografie
       thematisierte die Kleiderordnung („Werder bleibt Grün-Weiß“) und die
       Stimmung machten anfangs nur die Gäste-Fans auf der gegenüberliegenden
       Stadionseite, die anscheinend nicht sauer waren, dass ihnen nach 800
       Kilometern Anreise eine B-Elf geboten wurde. Trainer Jupp Heynckes schonte
       gleich acht Stammkräfte für das Champions League-Rückspiel am Mittwoch in
       Madrid.
       
       Da Werder, allerdings unfreiwillig, auf eine ähnliche Anzahl Stammkräfte
       verzichten musste, geriet der alte Nord-Süd-Klassiker, der früher die
       Massen elektrisierte, in der ersten Halbzeit zu einer müden
       Nachmittagsvorstellung in Zweitbesetzung. Für die wenigen Glanzpunkte
       sorgte auf Bayer-Seite Mario Gomez-Ersatz Nils Petersen, der dreimal knapp
       vor dem Tor scheiterte.
       
       Mit Wiederanpfiff drehte die Bremer Not-Elf mit den Youngstern Aleksandar
       Stepanovic, Florian Trinks, Tom Trybull und Francois Affolter sowie dem
       lange verletzten Aaron Hunt auf und erspielte sich ihrerseits mit
       ansehnlichen Kombinationen eine Reihe Chancen. Dabei sprang allerdings nur
       ein Treffer heraus, als Naldo eine Kopfballverlängerung von Pizarro aus
       kurzer Entfernung ins Tor drückte.
       
       Den endlich wachgerüttelten Bremer Zuschauern schwante nichts Gutes, als
       sich die 100-Millionen-Reservebank der Bayern mit Franck Ribéry, Arjen
       Robben, Toni Kroos und Mario Gomez erhob. Die Dehnübungen vor der Ostkurve
       ähnelten einer Drohgebärde: Schluss mit lustig, gleich wird ernst gemacht.
       
       Tatsächlich war dann auch der kurz darauf eingewechselte Solist Ribéry, der
       das Spiel mit zwei großen Monologen drehte. In der 75. Minute zwang er
       Naldo mit einer scharfen Hereingabe zum Eigentor, kurz vor Schluss
       vernaschte er den ansonsten überzeugenden Rechtsverteidiger Stepanovic und
       zielte unhaltbar ins lange Eck.
       
       „Wir werden unseren Weg weitergehen. Dass wir im Umbruch stecken, ist oft
       genug erwähnt worden, zeigte sich Sportdirektor Klaus Allofs anschließend
       ähnlich gleichmütig wie die Fans. „Heute konnte man aber wieder Spieler
       sehen, die mit uns auch in die Zukunft gehen werden.“ Welche, ließ er
       offen.
       
       22 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Lorenzen
       
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