# taz.de -- Angst vor Fracking: "Bohrt doch in der Nase"
       
       > Die Ergebnisse einer Erkundungsbohrung in der Osnabrücker Gegend will
       > jetzt der Energiekonzern Exxon Mobil bekannt geben. Anwohner fürchten,
       > dass die drohende Gasförderung ihre Gesundheit gefährdet.
       
 (IMG) Bild: Protest am Sonntagnachmittag: Demonstration gegen Fracking zwischen den Bädern Laer und Rothenfelde.
       
       OSNABRÜCK taz | Mit hellen Stimmen singen Kinder auf der Landstraße. „Bohrt
       doch in der Nase, nicht in unsrer Erde“, tönen sie an der Spitze des
       Demonstrationszugs. Am Südhang des Teutoburger Waldes, zwischen den
       Städtchen Bad Laer und Bad Rothenfelde (Landkreis Osnabrück), hat der
       Energiekonzern Exxon Mobil per Erkundungsbohrung das Gestein nach
       Erdgasvorkommen untersucht. Jetzt wird hier vielleicht bald die umstrittene
       Fördermethode Fracking zum Einsatz kommen. Viele Menschen in den
       umliegenden Gemeinden halten das für zu gefährlich – für ihr Wasser, ihre
       Sole und ihren Boden. Deshalb haben mehr als tausend Menschen ihren
       Sonntagsspaziergang an diesem Nachmittag auf die Landstraße verlegt.
       
       Mit Hydraulic Fracturing, kurz Fracking, lässt sich Gestein unter Hochdruck
       mit großen Mengen Wasser, Chemikalien und Sand brechen. Damit ist es
       möglich, Gas zu gewinnen, das bislang als unförderbar galt: In großen
       Tiefen wird „unkonventionelles Gas“ aus Muttergestein gesprengt und aus den
       Gesteinsrissen gepresst.
       
       Gas wird zwar seit vielen Jahren in Deutschland gefördert, besonders in
       Niedersachsen. Mit dem brachialen Fracking aber drohen neue, erhebliche
       Gefahren für die Umwelt. In der Gemeinde Völkersen südöstlich von Bremen
       etwa kam es bei Bohrungen von RWE Dea bereits zu Unfällen, ebenso nahe
       Rotenburg, wo sich Exxon Mobil engagierte. Mit Chemikalien verseuchtes
       Lagerstättenwasser aus den Bohrungen gelangte ins Erdreich und ins
       Grundwasser.
       
       Die Gefahr fürs Wasser ist hier, am südlichen Zipfel von Niedersachsen,
       besonders groß. Bad Laer und Bad Rothenfelde sind Badekurorte, die eine
       kohlensäurehaltige Sole zu bieten haben. Die Gesteinsschichten, die die
       Sole bergen, liegen dicht an den Kohleflözen, in denen Gas vorkommt. „Unser
       Gleichgewicht von Sole und Trinkwasser ist besonders sensibel und
       gefährdet“, sagt Anna Kebschull auf der Kundgebung am Waldrand, dicht beim
       umzäunten Gelände der Probebohrung.
       
       Die 39-Jährige ist Sprecherin der Interessengemeinschaft gegen Gasbohren in
       Bad Rothenfelde. Die Erdschichten, die das Trinkwasser respektive das
       Solewasser bergen, liegen nach geologischen Kenntnissen sehr nahe zusammen.
       Sie könnten sich vermischen, wenn in den Tiefen gebohrt und gesprengt wird,
       geben Geologen zu bedenken. „Die Sole könnte zum Trinkwasser aufsteigen“,
       warnt Kebschull, „dann ist es vorbei mit unseren Heilbädern und unserer
       Lebensmittelindustrie.“ Die nämlich ist in der Umgebung zahlreich
       vertreten, und etliche der Firmen speisen ihre Produktion aus eigenen
       tiefen Brunnen.
       
       Die Gemeinderäte und der Landkreises Osnabrück haben parteiübergreifend und
       einstimmig Beschlüsse gegen das Fracking gefasst. Allerdings haben
       Kommunalpolitiker nichts zu sagen, wenn es um Erdgas auf ihrem Gebiet geht:
       entschieden wird ausschließlich auf Landesebene. Das niedersächsische
       Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie ist ausführendes Organ des
       bundeseinheitlichen Bergrechts. Und das ist in seiner gegenwärtigen Fassung
       ausschließlich an wirtschaftlichen Interessen orientiert.
       
       „Wir fordern eine Änderung des Bergrechts, die Öffentlichkeit muss
       beteiligt und eine Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend vorgeschrieben
       werden“, wendet sich Anna Kebschull an den Gesetzgeber – und an die
       SonntagsdemonstrantInnen bei gespendetem Kuchen und Limonade. „So lange
       diese Änderung nicht geschehen ist, fordern wir ein Moratorium!“
       
       Am morgigen Mittwoch wird Exxon Mobil in Osnabrück das Ergebnis der
       Probebohrungen und die weiteren Pläne für Bad Laer und Umgebung bekannt
       geben: Man organisiert eine Konferenz in der Stadthalle, bei der ein von
       dem Konzern bezahlter „neutraler Expertenkreis“ die Ergebnisse in einer
       „Risikostudie“ vorstellen und Empfehlungen aussprechen wird. Exxon Mobil
       nennt das „Informations- und Dialogprozess“, zum Dialog wurden aber weder
       Initiativen noch Politiker vor Ort je eingeladen.
       
       Anna Kebschull und ihre MitstreiterInnen sind mit einem Info-Stand da. Und
       wollen damit aufmerksam machen auf ihre massiven Bedenken.
       
       23 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gunhild Seyfert
       
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