# taz.de -- Polizei rechnet falsch: Ein Fehler im System
       
       > Die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik hat über Jahre hinweg zu viele
       > ausländische Verdächtige ausgewiesen. Schuld war die EDV.
       
 (IMG) Bild: Von Links, von Rechts, von Ausländern? Die Kriminalstatistik war die Zahl ausländischer Verdächtiger über Jahre zu hoch angegeben.
       
       Die Polizei hat in ihren Kriminalstatistiken seit Jahren zu hohe Zahlen
       ausländischer Tatverdächtiger veröffentlicht. Der Fehler betrug regelmäßig
       mehrere Prozentpunkte. Das geht aus einer Vorbemerkung zur neuen
       Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2011 hervor, die Innensenator Frank
       Henkel (CDU) am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses
       präsentierte.
       
       Die Ursache, so heißt es dort, sei ein Fehler bei der Überführung von
       Personendaten „aus dem bis März 2005 genutzten Informationssystem der
       Polizei Berlin (ISVB) in das neue Informations- und
       Vorgangsbearbeitungssystem (Poliks)“. Dabei sei fälschlicherweise „einer
       Vielzahl von Personen“ im Feld Staatsangehörigkeit der Wert „keine Angabe“
       zugeordnet worden. Weiter heißt es wörtlich: „Bei korrekter Erfassung der
       Staatsangehörigkeiten läge der Anteil der Nichtdeutschen an allen
       Tatverdächtigen zu Straftaten insgesamt seit 2005 um 3 bis 5 Prozentpunkte
       unter den bisher ausgewiesenen Werten.“ Denn „stichprobenartige Analysen“
       der bei Poliks gespeicherten Daten hätten ergeben, dass die Personen mit
       der Staatsangehörigkeit „keine Angabe“ zu rund 85 Prozent Deutsche seien.
       
       ## Drei Prozent weniger
       
       In der aktuellen Statistik zum Jahr 2011 reduziert sich der Anteil
       nichtdeutscher Tatverdächtiger nach Bereinigung des Fehlers von 34,3 auf
       knapp 31 Prozent. Rechnet man ausländerrechtliche Straftaten, die nicht von
       Deutschen begangen werden können, heraus sowie ausländische Tatverdächtige
       ohne Wohnsitz in Berlin, liegt der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger in
       der PKS 2011 bei etwa 26 Prozent.
       
       Der Anteil ausländischer Staatsbürger an Berlins Bevölkerung beträgt
       derzeit 14 Prozent. Laut Polizeipressestelle beruht der
       Datenübertragungsfehler darauf, dass die Angabe einer Staatsangehörigkeit
       im alten Informationssystem keine Pflichtangabe war – man konnte das Feld
       leer lassen, etwa wenn ein Tatverdächtiger keinen Ausweis bei sich hatte.
       Im neuen System sei aus den leeren Feldern die Information „keine Angabe“
       geworden, die dann bei statistischen Auswertungen automatisch als „nicht
       deutsch“ eingestuft würde. Bei Nachprüfungen des neuen Systems sei nun
       bemerkt worden, dass viele der so Erfassten dennoch die deutsche
       Staatsbürgerschaft besäßen.
       
       ## Opposition: Polizei trägt Verantwortung
       
       Die Opposition regt der Systemfehler auf: Es könne nicht sein, dass
       „automatisch als Ausländer eingestuft wird“, wer nicht sofort zugeordnet
       werden könne, sagt der integrationspolitische Sprecher der Linksfraktion,
       Hakan Tas. Das zeige einen unsensiblen Umgang mit Zahlen, der in der
       Öffentlichkeit zu der Vermutung führen müsse, kriminelle Ausländer würden
       immer mehr.
       
       Die integrations- und flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen im
       Abgeordnetenhaus, Canan Bayram, erklärte, in der fehlerhaft geführten
       Statistik spiegele sich „auch die mangelnde interkulturelle Kompetenz der
       Polizei wider“. Für den „immensen Schaden“, den „das falsche Bild von
       nichtdeutschen Tatverdächtigen bei den Migrantinnen und Migranten, aber
       auch in der Bevölkerung“ angerichtet habe, trage die Polizei die
       Verantwortung. „Ich erwarte, dass sie diesen Fehler nun auch aktiv und
       öffentlich korrigiert.“
       
       24 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alke Wierth
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA