# taz.de -- Dokumentarfilm über Wecker und Wader: Leiden für Deutschland
       
       > „Wader Wecker Vater Land“: Rudi Gauls Dokumentarfilm für die ARD über
       > Konstantin Wecker und Hannes Wader will es so genau nicht wissen.
       
 (IMG) Bild: Konstantin Wecker hat aus seinem Leiden an Deutschland ein Leben gemacht – und eine künstlerische Existenz.
       
       Konstantin Wecker und Hannes Wader fahren im ICE durch Deutschland. Erster
       Klasse. „Hannes, du warst ja der Idealtyp des linken Sängers“, sagt Wecker.
       Das stimmt. Ein Kompliment ist es wohl kaum.
       
       Der Regisseur Rudi Gaul, Jahrgang 1982, hat die beiden Musiker auf einer
       gemeinsamen Tour durch ihr, sagen wir, Geburtsland begleitet. Man sieht,
       wie der einsame und misstrauische Wolf Wader sich bei dieser Tour dem
       Gemütsmenschen Wecker und seinem Rudel annähert.
       
       Wader ist Jahrgang 1942, Arbeitersohn. Wecker 1947, großbürgerlich. Beide
       sind nur verständlich aus ihrem von Hitler, Adorno und 1968 geprägten
       Denken. Joschka Fischer hat es zusammengefasst mit den Worten: „Nie wieder
       Auschwitz.“ Die Eltern verdrängten die deutsche Schuld, die Altnazis waren
       wieder wer – und den Faschismus sah man praktisch ständig vor der Tür
       stehen.
       
       So haben Wader und Wecker aus ihrem Leiden an Deutschland ein Leben gemacht
       – und eine künstlerische Existenz. Als sogenannte Liedermacher begleiteten
       sie die politischen Bewegungen der 70er und 80er und trösten seither – ob
       sie das wollen oder nicht – die verbliebenen Mental-Genossen. Deutschland,
       das ist in ihrem Ouevre häufig weiter ein Land voller Nazis, wo man
       Ausländer erschlägt, Schwule und Juden hasst, Auschwitz leugnet usw. usf.
       
       Wader, das zeigen Archivbilder, war der todernste, akkurat gescheitelte
       Superlinke, der mit verkniffenem Gesicht davon sprach, „die Welt
       menschlicher“ machen zu wollen. Er wurde vom Staat verfolgt und flüchtete
       in die DKP. Wecker war der linke Hedonist. Er wurde von linken
       Polit-Hanseln verfolgt, die von ihm sozialistische Propagandasongs wollten.
       Er flüchtete in die Toskana und in die Drogen.
       
       ## „Der Verlust meiner Weltanschauung undsoweiter“
       
       Es sei eine „wunderbare Zeit des Schwarz und Weiß“ gewesen, sagt Wader
       einmal. Kapitalistische Atomkraftwerke waren böse, sozialistische
       Atomkraftwerke waren gut, weil ja für die Menschen und nicht für die
       Rendite. Tja, und dann kam Tschernobyl, dann der Zusammenbruch des
       Sozialismus 1989 und „der Verlust meiner Weltanschauung undsoweiter“, wie
       Wader das nennt. Wenn er das so erzählt und in seinem Weinkeller mit den
       Rotweinen hantiert, strahlt er eine angenehme Altersreife aus. Wecker tut
       das sowieso. Es sind heute zwei entspannte Männer, die vergleichsweise
       wenig Schmu von den alten Zeiten erzählen. Gaul lässt sie parlieren und
       bohrt nicht nach den Irrtümern und Widersprüchen, was einerseits Prinzip
       ist, andererseits aber eine verpasste Chance.
       
       Der Paradigmenwechsel Anfang der 80er unter dem Motto „Mehr Unernst wagen“
       kostete die Liedermacher größere Teile ihres Publikums. Aber vielleicht war
       das auch eine Befreiung: Es sind Waders poetische Songs, etwa vom Album „7
       Lieder“, die geblieben sind. Und Weckers Jahrhundertsong ist „Genug ist
       nicht genug“ und nicht „Willy“.
       
       Worauf der Film hinauswill, bleibt – zumindest mir – unklar. Vielleicht
       besteht die Pointe ja darin, dass die Wader und Wecker mit ihrer historisch
       verständlichen, aber aus heutiger Sicht völlig übersteigerten
       Über-Ich-Moral dachten, es sei ihre Lebensaufgabe, am bösen Deutschland zu
       leiden. Und dass sie genau dadurch zum in vielen Bereichen okayen
       Deutschland von heute beigetragen haben. Wenn man es so sieht, dann haben
       wir den Willy zwar mit dem Bierkrug daschlogn (erschlagen). Aber der
       Konstantin darf sich heute noch in diesem Lande des Lebens erfreuen. Das
       ist mehr, als man von uns Deutschen erwarten durfte.
       
       „Wader Wecker Vater Land“, Dienstag, 1.5. 2012, 23.45 Uhr, ARD
       
       1 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Unfried
       
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