# taz.de -- 1. Mai: Schlechte Reden für gute Arbeit
       
       > Mehr als 5.000 Menschen kamen zum Tag der Arbeit auf den Domshof. Redner
       > forderten gute Arbeit, gerechte Löhne und soziale Sicherheit.
       
 (IMG) Bild: Champignons & Kartoffeln gegen Bankengier und Sparzwang
       
       „Knüppelvoll“ sei der Domshof, freute sich die Stimme aus dem
       Lautsprecherwagen kurz nach 12 Uhr auf dem Bremer Domshof. Rund 5.000
       Menschen – nach offizieller Schätzung 8.000 – waren zu der Kundgebung
       gekommen. Wie üblich auf den Mai-Kundgebungen hörte kaum jemand zu, die
       meisten kommen nicht wegen der Reden – oder trotz der Reden. Die
       Übertragung über die Lautsprecherwagen macht Unterhaltungen schwierig,
       jedenfalls in den mittleren Reihen. Und so drängen sich die
       Kundgebungsteilnehmer gern dort, wo die Stände aufgebaut sind und es nicht
       so laut ist.
       
       Die Bremer DGB-Vorsitzende Anette Düring geißelte die Arbeitslosigkeit in
       Griechenland und die Politik der Lohnsenkung dort. „Den Preis für die Krise
       zahlen die Arbeitnehmer, die Rentner und die Arbeitslosen“, rief sie in das
       Mikrophon. Die Politik des Sparens sein „ein Weg, der direkt in den Abgrund
       führt“, „Was wir brauchen ist eine Wachstumsoffensive“, Investitionen.
       
       Die meisten auf dem Platz waren vermutlich einverstanden mit dem was da
       gesagt wurde oder anders herum: Wer da vorn redet, wählt seine Sätze so
       aus, dass sie nichts Neues enthalten und auf Zustimmung treffen.
       
       Sie sei für „gute Arbeit“, für „gerechte Löhne“ und für „soziale
       Sicherheit“, formulierte Edeltraut Gläzer, Mitglied im Hauptvorstand der IG
       Bergbau Chemie Energie, Armut sei ein Armutszeugnis, und Dumping kein Weg
       in eine soziale Zukunft Europas.
       
       Vor dem Demonstrationszug, der schon traditionell in Bremen nicht mehr aus
       einem Arbeiterviertel zum Domshof führt, sondern im Szene-Viertel am
       Sielwall beginnt, gibt es einen Gottesdienst. Sabine Schiedermair, die
       Bundesvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung, hielt diesmal die
       „Kanzelrede“. Die zentrale Botschaft ihrer Rede – eine Predigt war es nicht
       – entlieh sie bei Attac: „Wir sind hier versammelt, weil wir eine Vision
       haben: Ja, eine andere Welt ist möglich, eine Welt der Solidarität und der
       Gerechtigkeit.“
       
       In dem geschützten Raum der Kirche durfte Kerstin Bringmann, Betriebsrätin
       bei der Arbeiterwohlfahrt, eine bittere Wahrheit ansprechen: In ihrem
       gemeinnützigen, vom Bremer Staat finanzierten und sozialdemokratisch
       durchsetzten Betrieb mit dem programmatischen Namen „Arbeiterwohlfahrt“
       habe es seit neun Jahren keine Lohnerhöhung gegeben, Arbeitsplätze seien
       abgebaut worden. Um die Pleite der Arbeiterwohlfahrt zu verhindern, habe
       man auf das Weihnachtsgeld verzichtet.
       
       Draußen auf dem Domshof versuchte gegen Ende der Kundgebung ein Redner, die
       nun auch aus den vorderen Reihen abwandernden Zuhörer noch einmal
       anzusprechen und einzubeziehen in das Geschehen auf der Bühne. „Wir
       brauchen mehr Geld“ war der Refrain, der in seiner Rede immer wieder
       auftauchte, die Zuhörer sollten aufpassen und das Wort „Geld“ so laut
       rufen, „dass die Deutsche Bank wackelt“. Einige machten tatsächlich mit,
       die Bank wackelte erwartungsgemäß nicht. In den mittleren Reihen der
       Kundgebung hatten einige pfiffige Leute mitgedacht und vervollständigten
       den Satz nicht mit „Geld“, sondern mit „Bier“.
       
       1 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Wolschner
       
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