# taz.de -- Kommentar französischer Wahlkampf: Sarkozy und der 1. Mai
       
       > Sarkozy versucht, den 1. Mai für seine Wahlkampagne zu
       > instrumentalisieren. Provokativ ist das Argument, er verkörpere die
       > „wahre Arbeit“.
       
       Blöde Frage, wem der Tag der Arbeit gehört. Seit mehr als hundert Jahren,
       seit einem Beschluss der II. Internationale 1890 in Paris, dient der
       Anlass, die Forderungen der Arbeiterbewegung auf die Straße zu tragen.
       Gewerkschaften und Linksparteien haben also zumindest ein Gewohnheitsrecht
       geltend zu machen. Ebenso klar war es immer, dass man aus der Chefetage
       diesen Aufmarsch der Proletarier aller Länder schief anschaute.
       
       Seit Jahren versucht die rechtsextreme Front National (FN), den Feiertag
       den Gewerkschaften streitig zu machen. Zunächst mal mit dem fadenscheinigen
       Vorwand, die Nationalheilige Jeanne d’Arc an diesem Datum ehren zu müssen.
       Heute aber sieht sich Marine Le Pen als Chefin einer „Arbeiterpartei“, die
       sich gegen eine vaterlandslose Finanzkrise, gegen Immigranten und
       „Sozialkommunisten“ verteidigen muss. Sie plant eine unfreundliche
       Übernahme des traditionellen Besitzstands der Linken.
       
       Überraschender war die Gegendemonstration, zu der Nicolas Sarkozy seine
       Anhänger aufgerufen hat. Die Absicht, den 1. Mai für seine Wahlkampagne zu
       instrumentalisieren, wird dabei nicht mal unterschlagen. Provokativ ist das
       Argument des Präsidenten, er verkörpere die „wahre Arbeit“, seine
       sozialistischen Gegner aber die „Fürsorgeempfänger“.
       
       Seit Tagen bemüht sich Sarkozy um die Sympathisanten des FN mit den Themen
       Familie, Arbeit, Nation. Das war auch die Devise des faschistischen
       Kollaborationsregimes von Marschall Pétain im besetzten Frankreich während
       des Kriegs. Auch Pétain hatte den 1. Mai für seine „nationale Revolution“
       mit einer Glorifizierung der Arbeit vereinnahmt. Alles Zufall? Sarkozy
       verwahrt sich gegen solche Vergleiche. Dass er die Geschichte seines Landes
       nicht besser kennt, glaubt man ihm sogar, wenn er abstreitet, von „wahrer
       Arbeit“ gesprochen zu haben.
       
       1 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) TV-Duell zwischen Sarkozy und Hollande: Kampf um die Unentschlossenen
       
       Viele Franzosen geben an, nicht zu wissen, wen sie am Sonntag zum
       Präsidenten wählen wollen. In einem hitzigen TV-Duell am Mittwochabend
       wollten die Kandidaten das ändern.
       
 (DIR) Vor der Wahl in Frankreich: Kein Stich für Sarkozy am 1. Mai
       
       Die Gewerkschaften mobilisieren deutlich mehr Anhänger am Tag der Arbeit
       als der Präsident. Am Mittwoch liefern sich Sarkozy und Hollande ein
       letztes TV-Duell.