# taz.de -- Konstantin Wecker in Griechenland: „Wild gewordener Kapitalismus“
       
       > Konstantin Wecker hat am 1. Mai auf der Kundgebung der griechischen
       > Vereinigten Linken in Athen gesungen. Ein Gespräch über Rassismus,
       > Empathie und das „Lied der Lieder“.
       
 (IMG) Bild: „Man kann mit Musik auf jeden Fall für Empathie werben.“ Konstantin Wecker in Athen.
       
       Liedermacher Konstantin Wecker ist Teil der Delegation der Gesellschaft
       Kultur des Friedens. Vorsitzender der Gesellschaft ist Henning Zierock,
       Teil der Delegation ist neben Wecker unter anderem die
       Bundestagsabgeordneten Heike Hänsel. Wecker sang am 1.Mai auf der
       Kundgebung der griechischen Vereinigten Linken (Sirisa). Er wird gemeinsam
       mit der Delegation noch an verschiedenen anderen Veranstaltungen in Athen
       mitwirken. 
       
       taz: Warum sind Sie in Athen? 
       
       Konstantin Wecker: Ich bin der Meinung, dass Rassismus da beginnt, wo
       Menschen anderer Nationen als minderwertig betrachtet werden. Mein Besuch
       soll ein Zeichen der Solidarität mit dem griechischen Volk sein, dass in
       Teilen unserer deutschen Medien menschenverachtend schlecht gemacht wurde.
       Es ist wichtig den Griechen zu sagen: Es gibt ganz viele Deutsche, die da
       nicht mitmachen!
       
       Sie haben auf der Bühne der Vereinigten Linken (Sirisa) Griechenlands das
       „Lied der Lieder“ vorgetragen. Wieso gerade dieses Lied? 
       
       Die Vereinigte Linke hat ihren 1.Mai Kundgebung in die unmittelbare Nähe
       des Skopeytirio-Mahnmal gelegt. Einem Ort, an dem in den 40er Jahren die
       Faschisten gewütet haben. Gerade in einer Situation in der eine
       Finanzindustrie bestimmte Länder in Geiselhaft nimmt, sodass die Rechten
       dadurch wieder gestäkt werden, sehe ich eine große Gefahr. So habe ich mir
       gemeinsam mit Henning Zierock überlegt, hier das „Lied der Lieder“ aus den
       Mauthausen-Kantaten vorzutragen, die vom Leben und vom Sterben im
       Konzentrationslager Mauthausen erzählen. Mikis Theodorakis komponierte die
       Kantaten in den 60er Jahren zu Texten seines Landsmannes Iakovos
       Kambanelis. Das „Lied der Lieder“ handelt davon, dass einem Mann seine
       Geliebte durch das KZ genommen wird und nun keiner mehr sehen kann, wie
       schön sie ist.
       
       Wo verorten Sie die Schuld, die das Land in seine jetzige Situation
       gebracht hat? 
       
       Das Ganze ist nichts anderes als ein großes Privatisierungsunterfangen, das
       vor zehn Jahren begonnen hat und immer intensiver betrieben wird. Es werden
       Milliarden hierher geschickt, die letztendlich doch wieder den Banken
       zugute kommen. Kein Brüger hat etwas davon. Die Schuld sehe ich deshalb in
       einer völig ausufernden Finanzindustrie, die anscheinend kein Politiker
       mehr in den Griff bekommt. Meine Angst ist, dass populistische Politiker
       die Situation ausnutzen und den Leuten sagen „Passt mal auf, wir werden
       dass jetzt hier in die Hand nehmen“. Da muss man gerade jetzt aufpassen,
       wie man dieser Form des wild gewordenen Kapitalismus begegnen kann. Ich
       glaube es geht eben nur durch Vernetzung von vielen Menschen. Einen
       Einzelnen, der mir eine Ideologie präentiert, möchte ich nicht mehr sehen.
       Das haben wir hinter uns – hoffentlich.
       
       Kann Musik denn dabei noch etwas bewirken? 
       
       Unbedingt! Man kann mit Musik auf jeden Fall für Empathie werben. Das ist
       das Entscheidende. Wir werden ja langsam zu einer Gesellschaft, die sich
       gegenseitig überhaupt nicht mehr solidarisiert. Und Musik schafft es, zu
       verbinden. Deswegen hat Musik durchaus nicht nur eine Berechtigung sondern
       sie ist wahrlich notwendig. Und – wenn wir mal ganz ehrlich sind – sollte
       sich die Politik der Poesie beugen. Nicht umgekehrt.
       
       2 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Theodora Mavropoulos
       
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