# taz.de -- Geplanter AKW-Neubau stößt auf Proteste: Ausgerechnet mit Hilfe aus Japan
       
       > In Litauen wächst der Widerstand gegen den Neubau eines AKW durch die
       > Firma Hitachi. Die Oppositionsparteien wollen eine Volksabstimmung
       > erreichen.
       
 (IMG) Bild: Proteste in Vilnus. Der geplante AKW-Neubau löst bei Bürgern Empörung aus.
       
       STOCKHOLM taz | Fukushima – war da was? Während Japan gerade sein letztes
       Atomkraftwerk abgeschaltet hat, möchte Litauens Regierung einen
       Reaktor-Neubau haben. Und zwar ausgerechnet aus Japan. Sechs bis acht
       Milliarden Euro soll er kosten. Bereits im März wurde ein Vorvertrag mit
       dem Konzern Hitachi-GE Nuclear Energy unterzeichnet.
       
       Während zentrale Finanzierungsfragen aber noch offen sind, wächst die
       Kritik an dem Projekt. Atomkraftgegner versuchen seit einigen Wochen,
       genügend Unterschriften für eine Volksabstimmung über den AKW-Neubau
       zusammenzubekommen. Schließlich kommt das Land, das weniger Einwohner hat
       als Berlin, nicht einmal mit den Folgelasten des abgeschalteten AKWs
       Ignalina aus sowjetischen Zeiten klar.
       
       Erst im April haben sich die Sozialdemokraten den Gegnern des Projekts
       angeschlossen. Algirdas Butkeviius, Chef der größten Oppositionspartei,
       wirft der Regierung vor, keine ordentliche Kosten-Nutzen-Analyse erstellt
       zu haben. Vielmehr stütze sich das Projekt auf fragwürdige Schätzungen und
       die vage Hoffnung, große Teile der Stromproduktion profitabel exportieren
       zu können.
       
       ## Angeblich unabhängige Stromversorgung
       
       Tatsächlich wurde das AKW-Projekt bislang nahezu ausschließlich mit dem
       Argument einer national unabhängigen Stromversorgung begründet.
       Sicherheitsfragen oder das Atommüllproblem werden erst gar nicht
       debattiert. „Auf dieser Beschlussbasis würde nicht einmal ein Bauer ein
       neues Hühnerhaus bauen“, sagt die energiepolitische Expertin der
       Sozialdemokraten, Birut Vsait.
       
       Ihre Partei werde daher die laufende Unterschriftensammlung – 300.000 sind
       nötig, bis es zum Referendum kommt – unterstützen: Es sei sinnvoll, das
       Volk zu diesem Großprojekt zu befragen, dessen Lasten die nachfolgenden
       Generationen tragen müssten.
       
       „Wir möchten die Sozialdemokraten daran erinnern, dass sie es waren, die zu
       ihrer Regierungszeit die Planung für dieses Reaktorprojekt begonnen haben“,
       kommentierte Ministerpräsident Andrius Kubilius den Meinungsschwenk. Die
       Sozialdemokraten wollten sich jetzt hinter einem Referendum verstecken.
       
       Die kürzlich von Großbritannien, Frankreich, Tschechien und Polen
       ventilierten Pläne, Atomenergie innerhalb der EU ebenso wie Windkraft oder
       Sonnenstrom als emissionsarme Technologie einzustufen und so
       förderungsfähig zu machen, wären für die litauischen Neubaupläne äußerst
       hilfreich. Aus taktischen Gründen unterstützt die Regierung in der
       Hauptstadt Vilnius diese aber noch nicht öffentlich.
       
       ## Subventionen werden ignoriert
       
       Zum einen, weil man innenpolitisch argumentiert, man brauche keine
       Subventionen, zum anderen aus Scheu vor einer EU-weiten Debatte über
       Fördergelder für den Neubau. Die Gemeinschaft musste dem Land bereits zwei
       Milliarden Euro für den Abriss der Altreaktoren von Ignalina zahlen.
       
       Doch ohne die EU wird es eng: Anders als in Vilnius erwartet, zeigt sich
       nämlich keiner der großen westeuropäischen Stromkonzerne wie Eon,
       Vattenfall und die französische Electricité de France interessiert, sich an
       einem Neubau in Litauen zu beteiligen.
       
       Während Polen 2011 als Mitfinanzierer abgesprungen war, ist noch unklar,
       inwieweit sich die verbliebenen Partner, die baltischen Nachbarn Lettland
       und Estland nun tatsächlich an dem Projekt beteiligen.
       
       6 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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