# taz.de -- Kritik am Verfassungsschutzbericht: Schünemann schaut nach links
       
       > Unsaubere Arbeit sehen Niedersachsens Grüne im Verfassungsschutzbericht.
       > Linke Gruppen würden kriminalisiert, die Angaben zu Rechtsextremismus
       > seien ungenau.
       
 (IMG) Bild: Tauchen in Schünemanns Verfassungsschutzbericht auf: Proteste gegen den Castortransport.
       
       HANNOVER taz | Unsaubere Arbeit sieht der Grünen-Rechtspolitiker Helge
       Limburg im aktuellen niedersächsischen Verfassungsschutzbericht, den
       Innenminister Uwe Schünemann (CDU) Ende vergangener Woche im Innen- und
       Verfassungsschutzausschuss des Landtags vorgestellt hat. „Der Bericht ist
       in Teilen widersprüchlich und tendenziös und scheint besonders scharf
       hinzuschauen, wenn es um das politisch linke Spektrum geht“, sagt Limburg.
       
       Im Kapitel Linksextremismus erwähnt werden nicht nur vermeintlich
       gewaltbereite Tierschützer und die Linkspartei, die in Niedersachsen seit
       der Regierungsübernahme von Schwarz-Gelb 2003 vom Verfassungsschutz
       beobachtet wird. Limburg sieht vor allem in den Ausführungen über die
       Proteste gegen den Castortransport im vergangenen November eine „neue
       Qualität“. Namentlich erwähnt sind dort nicht nur die Initiative „X-tausend
       mal quer“, die schon in Berichten der Jahre zuvor gewürdigt wurde, sondern
       auch die Initiative „WiderSetzen“.
       
       Rund 3.000 Menschen waren 2011 dem Aufruf von „WiderSetzen“ zu „bunten
       Sitzblockaden“ auf den Gleisen der Castorstrecke gefolgt. Auch die
       Verfassungsschützer selbst beschreiben die Aktion als friedlich, eine
       nähere Erläuterung aber, warum sie die Gruppierung in ihrem Bericht als
       „linksextremistisch beeinflusst“ bezeichnen, liefern sie nicht. Limburg
       sieht darin die „verstärkte Tendenz, die Anti-Atom-Proteste pauschal zu
       kriminalisieren und in das allgemeine Licht der Gewaltbereitschaft zu
       rücken.“
       
       Dass Niedersachsens Verfassungsschützer bei diesem Thema schon mal
       durcheinander kommen, zeigte sich bereits 2009: Damals zierte den
       Einladungsflyer zum Symposium „Linksextremismus – Die unterschätzte
       Gefahr?“ eine Fotomontage, auf der auch das Plakat „Der Castor kommt – Wir
       stellen uns quer“ mit schwarzem X vor gelbem Hintergrund abgebildet war.
       Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg beklagte sich umgehend über die
       „Stigmatisierung“.
       
       Die Verfassungsschutzbehörde äußerte Bedauern über die „Panne“ – und
       stampfte den Flyer ein. Anti-Atom-Proteste wolle man keinesfalls in eine
       linksextremistische Ecke stellen, hieß es damals, eigentlich hätte man
       einen Demo-Aufruf einer Autonomen-Gruppe abdrucken wollen.
       
       „Verfälschende Aussagen“ bemängelt Grünen-Politiker Limburg auch bei den
       Beispielen für „militante Aktionen“ vermeintlicher Linksextremisten, bei
       denen etwa Autobrandserien im vergangenen Sommer in Berlin und Hamburg
       aufgeführt sind. Mutmaßliche Brandstifter wurden festgenommen – politisch
       waren die Hintergründe nur selten.
       
       Anfang April etwa verurteilte das Berliner Landgericht einen 27-Jährigen zu
       sieben Jahren Haft wegen 102 Autobrandstiftungen, als Motiv führte die
       Staatsanwaltschaft „übersteigerte Geltungssucht“ an. Niedersachsens
       Verfassungsschützer erwähnen das in ihrer Bilanz für das Jahr 2011
       allerdings nicht.
       
       Und auch die Angaben zum Thema Rechtsextremismus sind Limburg zufolge
       ungenau: Von 2.045 auf 1.625 Personen ist das Potenzial demnach in
       Niedersachsen gesunken. Auch die Zahl der rechtsextremistischen Konzerte
       sei zwischen 2010 und 2011 – dank dem „Druck der Sicherheitsbehörden“ – von
       fünf auf vier gesunken, heißt es im Bericht. Innenminister Schünemann
       hingegen führte noch Ende Februar in seiner Antwort auf eine Anfrage der
       Linksfraktion für 2011 fünf rechtsextremistische Konzerte sowie zwei
       Konzerte der Hooligan-Band „Kategorie C“ auf, „die in der Regel auch von
       Rechtsextremisten besucht werden.“
       
       Niedersachsens Verfassungsschutzpräsident Hans-Werner Wargel konnte die
       Widersprüche bei der Ausschusssitzung vergangene Woche nicht erklären,
       kündigte aber an, seinen Jahresbericht zu überprüfen. Grünen-Politiker
       Limburg sagt, er wolle vorsichtshalber auch noch mit einer
       parlamentarischen Anfrage nachhaken.
       
       6 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Teresa Havlicek
       
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