# taz.de -- Medizin: Ärger um Aids-Leugner
       
       > Das Schauburg Kino zeigt einen Film, der AIDS als Krankheit infrage
       > stellt. "Verschwörungstheorie", warnen Beratungsstellen und
       > Gesundheitsamt.
       
 (IMG) Bild: Ein Aids-Kranker in Südafrika: Die Leugnung der Krankheit durch Staatspräsident Thabo Mbeki (1999-2008) führte dort zu tausenden Toten.
       
       Das Gesundheitsamt und die Aids-Hilfe Bremen warnen vor einem
       Dokumentarfilm, der am Mittwoch in der Schauburg gezeigt werden soll. „I
       won’t go quietly“, lautet der Titel, bei dem sechs HIV-positive Frauen laut
       Ankündigung von ihrem Leben mit Aids berichten. Und darüber, dass es nach
       ihrer Überzeugung Aids als Krankheit gar nicht gibt, sondern eine Erfindung
       der Pharma-Industrie ist. Die Filmemacherin Anne Blumenthal teilt diese
       These. Krank seien die Frauen, die sie in der ganzen Welt gefilmt hat,
       nicht aufgrund des Virus, sondern wegen der Medikamente oder
       Lebensumstände, sagte sie gestern der taz.
       
       Thomas Hilbert, Leiter der Abteilung für Sozialmedizin beim Bremer
       Gesundheitsamt, hält die Verbreitung solcher Thesen für lebensgefährlich.
       „Wir hatten im vergangenen Jahr eine Klientin, die dieser
       Verschwörungstheorie gefolgt ist“, sagt sein Kollege Martin Taschies,
       Sozialarbeiter beim Gesundheitsamt. Die Frau habe die Medikamente nicht
       mehr genommen und sei gestorben. Er befürchtet, dass sich durch den Film
       solche Fälle wiederholen. Vor allem, weil die Regisseurin einen Tag später
       ein Seminar im Kulturzentrum Lagerhaus veranstaltet. Als Referent geladen
       ist Stefan Lanka, ein Anhänger der sogenannten „Germanischen Neuen
       Medizin“, einer Bewegung, die sich gegen schulmedizinische Erkenntnisse
       wendet. Ihrem Gründer Ryke Geerd Hamer werden unter anderem antisemitische
       Positionen vorgeworfen. Aids sei eine Lüge, die in den USA erfunden worden
       sei, behauptet Lanka. Und: HIV sei keine Todesdiagnose.
       
       „Das muss es auch tatsächlich nicht mehr sein“, so der Sozialarbeiter
       Taschies, der seit 1989 Infizierte begleitet. „Vor zwanzig Jahren bedeutete
       eine positive HIV-Diagnose eine Lebenserwartung von drei, vier, fünf
       Jahren. Heute kann ein HIV-Infizierter so alt werden wie alle anderen.“ Die
       Medikamente hätten sich weiterentwickelt, obgleich sie durchaus schlimme
       Nebenwirkungen haben können. „Es ist eine chronische Krankheit, mit der man
       lernen muss umzugehen.“ Für viele sei das nicht einfach, manchen könnte die
       Vorstellung, gar nicht krank zu sein, sehr verlockend erscheinen. „Zumal es
       durchaus so ist, dass man sich nicht krank fühlt – solange Aids nicht
       ausgebrochen ist.“
       
       Der HI-Virus führt zu einer Schwächung des Immunsystems. In Folge kommt es
       zu Erkrankungen durch Erreger, gegen die sich der Körper ansonsten selbst
       wehren könnte. Erst beim Ausbruch dieser Erkrankungen spricht man von AIDS.
       In Bremen starben 2011 daran 20 Menschen, während 30 HIV-Neuinfektionen
       hinzukamen. Etwa 1200 Menschen im Land sind HIV-positiv.
       
       Für Regisseurin Blumenthal stellt dies keinen Behandlungsgrund dar. Auf die
       Frage, warum Ärzte und Beratungsstellen dies anders sehen und Krankenkassen
       die teure Behandlung bezahlen, sagt sie: „Eine Antwort habe ich nicht, ich
       will die Diskussion voran treiben.“ Ihr Mitstreiter Lanka hingegen meint es
       zu wissen. „Professoren, Staatsdiener“, diese „lügen im Interesse der
       Pharmaindustrie und die müssen die Interessen des Zinses bedienen“, so
       lässt sich dem Mitschnitt eines Vortrages entnehmen.
       
       „Man muss es deutlich sagen: Die sind verrückt“, sagt Mario Stara von der
       Aids-Hilfe Bremen. Seit vielen Jahre habe er mit Aids-Leugnern zu tun, die
       Diskussion mit diesen habe er aufgegeben, sie führe zu nichts. „Das sind
       Verschwörungstheoretiker“, so Stara, „von der gefährlichen Sorte.“
       
       Auch Klaus Becker wurde beim Schauen des Film skeptisch. Becker leitet das
       Filmbüro Bremen, in deren „Heimspiel“-Reihe der Film läuft, weil ein Bremer
       Cutter beteiligt ist. Für die anschließende Diskussion hatte er Vertreter
       der Aids-Hilfe und des Gesundheitsamtes geladen. Beide aber wollten die
       Positionen des Films nicht durch ihre Anwesenheit aufwerten.
       
       14 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Kirsche
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Esoterik
       
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