# taz.de -- Champions-League-Finale: Die letzte Chance der alten Garde
       
       > Beim FC Chelsea zählt vor dem Endspiel nur die Gegenwart. Für Lampard &
       > Co geht es in München um die finale Möglichkeit einen großen
       > internationalen Titel zu gewinnen.
       
 (IMG) Bild: Verjüngungskur: Finden sie die Spieler der Blues, die bald in Frührente gehen.
       
       Im englischen Fußball wimmelt es von „tragischen Figuren“, die
       entscheidende Elfmeter gegen deutsche Mannschaften versiebt haben. Deshalb
       ließ Roberto di Matteo, der Interims-Trainer des FC Chelsea, vor dem
       heutigen Champions-League-Finale gegen Bayern München wochenlang Elfmeter
       üben. Er weiß aber auch, dass ihm das nichts nützen wird: „Auf dem
       Trainingsplatz ist der Druck nicht so groß wie in so einem Finale“, sagte
       er.
       
       Für den ehemaligen Chelsea-Spieler wird es wohl das letzte Spiel als
       Interims-Trainer sein. Er ist Anfang März für seinen Boss André Villas-Boas
       eingesprungen, den Chelseas Eigentümer, der russische Ölmilliardär Roman
       Abramowitsch, vor der Saison für 15 Millionen Euro vom FC Porto eingekauft
       hatte.
       
       Der Portugiese sollte einen Generationswechsel einleiten. Er ließ Spieler
       wie Frank Lampard (33) und John Terry (31), der sich zurzeit wegen
       rassistischer Beschimpfung eines Gegenspielers vor Gericht verantworten
       muss, öfters auf der Bank. Damit leitete er jedoch statt des
       Generationswechsels seinen eigenen Abgang ein, denn er hatte den Einfluss
       von Lampard und Terry unterschätzt, die heftig gegen ihn agitierten.
       
       Fabio Capello, der wegen Terrys Absetzung als Englands Kapitän durch den
       englischen Fußballverband von seinem Posten als Nationaltrainer Englands
       zurückgetreten ist, hat sich mittlerweile um die demnächst vakante Stelle
       bei Chelsea beworben.
       
       ## 4:1 im Viertelfinale gedreht
       
       Di Matteo scherte sich im Gegensatz zu Villas-Boas nicht um eine Verjüngung
       der Mannschaft, um sie für die Zukunft zu rüsten, denn mit der Zukunft
       würde er als Zwischenlösung ohnehin nichts zu tun haben. Er setzte auf die
       alten Herren und hatte damit Erfolg.
       
       Im Viertelfinalspiel der Champions League drehte man den Spieß gegen Neapel
       nach einer 1:3-Auswärtsniederlage um und gewann zu Hause 4:1. Die Tore
       schossen Drogba, Terry und Lampard, die von Villas-Boas ausgemustert worden
       waren.
       
       Für die erfahrenen Akteure wie Torhüter Petr Cech, Ashley Cole, Lampard und
       den nimmermüden Stürmer Drogba, die 2008 bei der Final-Niederlage gegen
       Manchester United FC dabei waren, ist es die zweite Chance, die Champions
       League zu gewinnen. In Moskau verloren sie im Elfmeterschießen. Trainer di
       Matteo will dies nicht verdrängen. „Natürlich haben wir uns über das
       Endspiel unterhalten“, sagt er.
       
       ## Platz sechs in der Liga
       
       John Terry wird im Münchner Finale wegen seiner törichten Roten Karte für
       eine Tätlichkeit im Halbfinalspiel beim FC Barcelona fehlen, ebenso wie
       drei andere wichtige Spieler. Die Aussichten für seine Mannschaft schätzt
       di Matteo dennoch mit „fifty-fifty“ ein. Es ist die letzte Chance, in der
       nächsten Saison in der Champions League zu spielen, denn in der Liga
       landete man nach einer verkorksten Saison nur auf Platz sechs.
       
       Im Gegensatz zum FC Bayern gewann Chelsea allerdings das englische
       Pokalfinale gegen den FC Liverpool. Di Matteo war bei Bayerns Untergang
       gegen Dortmund in Berlin dabei. „Sie haben Schwächen, wie jede Mannschaft“,
       frohlockte er danach. „Ich werde allerdings nicht verraten, welche.“ Mit
       den Spielern wird er schon darüber geredet haben. Er sagt aber auch: „Man
       kann eine Mannschaft nicht aufgrund eines Spiels bewerten.“
       
       18 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Champions-League-Sieger Didier Drogba: Beware of the Drog
       
       Er ist ein Spielentscheider, ein Spätstarter, ein Angriffstank: Didier
       Drogba ist durch seine Tore im Finale von München endgültig zur
       historischen Figur aufgestiegen.
       
 (DIR) Chelsea gewinnt Champions League: Finale verloan
       
       Dominanz im Spiel, frenetische Fans, der Mythos der unschlagbaren Deutschen
       im Elfmeterschießen: Doch der Gewinner der Champions League heißt FC
       Chelsea.
       
 (DIR) Meisterschaft englische Premier League: City vor United in Manchester
       
       Zwei Tore in der Nachspielzeit sicherten Manchester City am letzten
       Spieltag die erste Meisterschaft in 44 Jahren. Es war das erste Mal, dass
       das bessere Torverhältnis entschied.
       
 (DIR) Marin wechselt zum FC Chelsea: „The German Messi“
       
       Marko Marin wechselt zum Champions-League-Finalisten FC Chelsea. Der SV
       Werder steckt derweil im Umbruch und muss sich nun um die verbliebenen
       Leistungsträger kümmern.
       
 (DIR) Internationale Presseschau CL-Halbfinale: „Opfer des jüngsten Clásico“
       
       Spaniens sportliche Öffentlichkeit reagiert enttäuscht auf die Niederlage
       der Madrilenen gegen den FC Bayern. Der englische Boulevard konzentriert
       sich dagegen auf Mourinho. Ein Überblick.
       
 (DIR) Halbfinale der Champions League: Gegen die Wand
       
       Der FC Chelsea London hat das Halbfinalduell gegen den FC Barcelona
       insgesamt mit 3:2 gewonnen, aber der Fußball hat verloren. Stimmt das denn
       überhaupt?