# taz.de -- Linke Politologie in Israel darf weitermachen: Kritische Perspektive gerettet
       
       > Erfolg für ein linkes Politikinstitut in Israel: Ein Gutachterteam,
       > geleitet von einem deutschen Professor, hatte die Schließung empfohlen.
       > Das wurde nun abgelehnt.
       
       JERUSALEM/BERLIN taz | Renée Poznanski schwankt zwischen Erleichterung und
       Unbehagen. Das Politikwissenschaftliche Institut der Ben-Gurion-Universität
       (BGU) im israelischen Beerschewa, an dem die Professorin lehrt, darf
       weiterarbeiten.
       
       Vor fünf Monaten hatte ein vom israelischen Wissenschaftsrat eingesetztes
       Gutachterteam die Schließung des Instituts empfohlen. Der Wissenschaftsrat
       berät die Politik. Nun rücken die Gutachter unter Vorsitz des deutschen
       Politikprofessors Thomas Risse von dieser Empfehlung ab.
       
       „Die Drohung einer Schließung scheint erst einmal vom Tisch zu sein, obwohl
       es noch keine offizielle Entscheidung gibt“, meint Poznanski. Zurück bleibe
       „das ungute Gefühl einer Hexenjagd an den Universitäten“.
       
       Das als links geltende Politikinstitut der BGU bekennt sich dazu,
       Wissenschaft mit politischem Engagement zu verknüpfen. Das sahen die acht
       Gutachter um Risse – mit einer Ausnahme – jedoch als bedenklich an. Das
       Institut müsse sich stärker auf die Wissenschaft konzentrieren, monierten
       sie im Mai 2011.
       
       ## 150 Unterschriften
       
       Die Dozenten hätten dafür zu sorgen, ihre Standpunkte als persönliche
       Meinungen darzustellen, „um so den Studenten die Möglichkeit zu geben, die
       Dinge aus einer kritischen Perspektive zu beurteilen innerhalb eines
       breiten Spektrums von Perspektiven und Alternativen“, so die Gutachter in
       ihrer Stellungnahme. Zudem bemängelten sie die geringe Anzahl an
       Grundlagenkursen im Studium und die schwache Forschungsleistung.
       
       Das erste Kommissionsgutachten hatte eine Welle der Solidarität mit dem
       Institut ausgelöst. 150 führende Akademiker in Israel und im Ausland
       unterzeichneten eine Petition mit der Aufforderung an den israelischen
       Wissenschaftsrat, die Empfehlungen zu ignorieren. Auch an Risses
       Heimatuniversität, der FU Berlin, sorgte die Schließungsempfehlung für
       Empörung im Asta.
       
       Auf Weisung des israelischen Wissenschaftsrates musste die Universität bis
       Mitte April einen Aktionsplan vorlegen, wie es die von den Gutachtern
       angeregten Änderungen umzusetzen gedenkt. Das habe die Universität getan,
       schildert Risse gegenüber der taz den aktuellen Stand. „Diesen Aktionsplan
       haben wir in einem Schreiben an den Wissenschaftsrat begrüßt und dabei zum
       Ausdruck gebracht, dass, wenn der Aktionsplan umgesetzt wird, die
       Empfehlung der Kommission, als letztes Mittel das politikwissenschaftliche
       Institut zu schließen, nicht mehr relevant ist.“
       
       Der Plan sieht unter anderem vor, dass das Institut vier neue
       politikwissenschaftliche Professuren einrichtet. Mit Hilfe einer
       Finanzierung durch die Universität „hatten wir mehr Flexibilität, neue
       Dozenten heranzuholen“, erklärt Professorin Poznanski. Davon abgesehen,
       habe sich an dem Institut nichts verändert.
       
       Doch schon mit dem ersten Bericht sei kaum reparierbarer Schaden
       entstanden. „Die Schere in den Köpfen des Lehrstabs schneidet jetzt noch
       schärfer“, meint Poznanski. Sie rechne damit, dass vor allem
       Nachwuchsdozenten empfindliche politische Stoffe nur noch mit Vorsicht
       behandeln werden.
       
       20 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) S. Knaul
 (DIR) A. Lehmann
       
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