# taz.de -- Wegzüchten statt Wegbrennen: Kühe ohne Hörner
       
       > Mit einem Brennstab werden Kälbern die Hornanlagen verödet, meist ohne
       > Betäubung. Politik und Landwirte wollen nun einen anderen Weg gehen und
       > hornlose Kühe züchten.
       
 (IMG) Bild: Was fehlt? Die Hörner.
       
       DÜSSELDORF dpa | Die fast einhundert Rinder auf dem Bio-Bauernhof von
       Angela Kern in Wipperfürth bei Köln tragen keine Hörner. Das haben sie mit
       den meisten Milchkühen in Nordrhein-Westfalen (NRW) gemeinsam. Damit die
       Kühe einander und ihre Besitzer später nicht verletzen können, brennen die
       Bauern schon bei den Kälbern die Anlage zum Horn weg.
       
       Der Unterschied auf dem Hof der Kerns: Hier sind 30 Prozent der Rinder
       schon ohne Veranlagung zur Hornbildung auf die Welt gekommen. Dieser Anteil
       könnte durch gezielte Zucht ausgebaut werden - damit würde man den Kälbern
       den Brennstab ersparen.
       
       Der kommt in den ersten sechs Lebenswochen zum Einsatz und sieht ein wenig
       aus wie ein Lockenstab. Der Bauer dreht ihn am Kopf des Kälbchens, bis die
       Hornanlage verödet ist. Eine Sache von ein, zwei Minuten, beschreibt Angela
       Kern die Prozedur, die schon seit Jahren zum Alltag auf den Höfen gehört.
       Die Diskussion, ob diese Methode artgerecht ist, nimmt aber zu.
       
       Tierschützer kritisieren das Enthornen ohne Betäubung. „Die Enthornung von
       Kälbern ist mit Schmerzen und Leiden der Tiere verbunden“, heißt es auch in
       der „Düsseldorfer Erklärung“. Darin haben das
       NRW-Landwirtschaftsministerium, die beiden Landwirtschaftsverbände und die
       Landwirtschaftskammer in NRW, Tierschutz- und Ökolandbau-Verbände
       festgeschrieben, Hornlosigkeit als Ziel bei der Zucht von Rindern zu
       verfolgen.
       
       „Es geht darum, dass es den Rindern in modernen Haltungssystemen sehr gut
       geht - aber nur, wenn sie keine Hörner haben“, sagt Bernhard Rüb, Sprecher
       der Landwirtschaftskammer NRW. Denn seit 30 Jahren gibt es immer mehr
       Laufställe. Darin sind die Kühe nicht mehr angebunden, sie können sich frei
       bewegen. Diese artgerechtere Haltung verschafft den Kühen aber auch die
       Möglichkeit, Rangeleien auszutragen. Dabei können sie einander mit ihren
       Hörnern schwer verletzen, auch weil die Ställe viel weniger Ausweichfläche
       bieten als früher die Wiese.
       
       ## Zucht als „nachhaltiger und eleganter Weg“
       
       Auch für die Bauern sind die Hörner gefährlich. Die Berufsgenossenschaft
       schätzt, dass es in NRW jährlich 30 bis 40 Unfälle gibt. Die Sicherheit ist
       auch für Angela Kern Grund, hornlose Rinder zu halten. „Der Mensch hat auch
       Vorrang, nicht nur die Tiere“, betont die Biobäuerin. Auf ihrem Hof sind
       die Kälber bei der Enthornung sediert und bekommen danach Schmerzmittel.
       
       Gleich genetisch hornlose Rinder zu züchten, „wäre natürlich der
       nachhaltigste und der eleganteste Weg“, meint Franz Weyermann vom
       Rheinischen Landwirtschafts-Verband (RLV). Genetisch hornlos ist in NRW
       aber nur ein Prozent der 400.000 Milchkühe, schätzt Jürgen Hartmann,
       Geschäftsführer der Rinder-Union West (RUW), der einzigen Zucht- und
       Besamungsgenossenschaft in NRW.
       
       Er merkt aber schon, dass immer mehr Bauern für die künstliche Besamung
       ihrer Kühe nach Sperma von hornlosen Bullen fragen. Bislang vererben jedoch
       erst 30 der 400 Bullen im Bestand der RUW dieses Merkmal. Und noch bringen
       Rinder ohne Hörner wirtschaftliche Nachteile: „Die sind in fast allen
       Merkmalen ihren horntragenden Kollegen unterlegen“, sagt Hartmann und meint
       damit Milch- und Fleischleistung. „Wir haben noch sehr viel zu tun.“ Aber
       in 20 Jahen könnte der Brennstab überflüssig sein, schätzt Hartmann.
       
       Von Jessica Bader, dpa
       
       29 May 2012
       
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