# taz.de -- Tarifstreit: Strafarbeit für Streikende
       
       > Die Oldenburger Nordwest-Zeitung beschäftigt 80 ihrer 400 Mitarbeiter in
       > einem Leiharbeitsverhältnis. Die Mitarbeiter kämpfen für gleiche
       > Gehälter. Jetzt eskaliert der Konflikt.
       
 (IMG) Bild: Protest gegen Leiharbeit: Journalisten der Nordwest-Zeitung vor dem Verlagsgebäude.
       
       OLDENBURG taz | Als die Oldenburger Nordwest-Zeitung neulich über die heiße
       Phase der Metall-Tarifverhandlungen berichtete, schrieb sie: Die „seit
       langem heftig umstrittene Leiharbeit“ entwickle sich „zum entscheidenden
       Knackpunkt“. Richtig erkannt – aber die Transferleistung lässt auf sich
       warten. Denn im eigenen Haus ist die Leiharbeit ebenso heftig umstritten,
       längst ist sie Knackpunkt dort, aber die Geschäftsführung des Verlages, der
       auch Anzeigenblätter und Zeitungsmäntel herausgibt und an Radio- und
       TV-Sendern beteiligt ist, will auf ihre Vorzüge nicht verzichten. Weil sie
       den auf Rendite bedachten Managern so ungemein lukrativ erscheinen: gleiche
       Arbeit, weniger Lohn.
       
       Zur Zeit tobt – so kann man es angesichts der jüngsten Eskalation sagen –
       ein heftiger Streit um die Leiharbeit im Hause NWZ. Seit Jahren schon hält
       der Verlag 80 seiner insgesamt 400 Mitarbeiter in einem
       Leiharbeitsverhältnis, dafür hat er sogar eine eigene Firma gegründet – die
       Nordwest Personaldienstleistungsgesellschaft, kurz NWP. Der Effekt: NWPler
       machen die genau gleiche Arbeit wie NWZler, bekommen dafür aber laut
       Gewerkschaft Ver.di bis zu 2.000 Euro weniger Bruttolohn.
       
       Im August 2011 hatte sich die Nordwest-Zeitung aus dem Flächentarifvertrag
       für Tageszeitungen verabschiedet, weil sich der Verlegerverband mit seiner
       Forderung nach geringeren Löhnen für Berufseinsteiger nicht hatte
       durchsetzen können. Seither ist der Verlag ohne Tarifbindung – und möchte
       im eigenen Hause durchsetzen, was der Tarifvertrag nicht gestattet.
       
       Zwar wolle man, so vermeldete es das Blatt, den „Umweg“ Leiharbeit beenden,
       doch das wurde von Gewerkschaftern schnell als „Etikettenschwindel“
       identifiziert. Hausintern wolle die Geschäftsführung die niedrigeren Löhne
       der Leiharbeiter auch ohne ihre Leiharbeitsfirma erhalten – was die
       Journalistengewerkschaften Ver.di und DJV verhindern möchten. Sie fordern
       einen Haustarifvertrag, der alle NWZler nach dem Tarifvertrag bezahlt.
       
       Dafür streiken die Mitarbeiter seit Wochen immer mal wieder; dann stehen
       einige Dutzend von ihnen vor dem betongrauen Pressehaus in der Oldenburger
       Innenstadt und fordern den „Haustarif jetzt!“, weil: „Qualität gibt’s nicht
       zum Nulltarif!“ In den Büros wird derweil verhandelt, wobei sich die
       NWZ-Geschäftsführer als Adjutanten jenen Münchner Rechtsanwalt geholt
       haben, der die Absenkung des Tarifniveaus mit Hilfe von Leiharbeitern in
       einem Aufsatz „als alternative oder flankierende Maßnahme zum
       Personalabbau“ beschrieben hatte.
       
       Derzeit stocken die Verhandlungen, weil die Geschäftsführer erst dann
       weiter mit den Gewerkschaften reden wollen, wenn die eine dauerhafte
       Absenkung der Gehälter akzeptieren. Für die unerfüllbar.
       
       Am vergangenen Freitag teilte die Gewerkschaft Ver.di mit, der Konflikt
       eskaliere, die NWP-Leiharbeiter im Hause NWZ seien „zur Strafarbeit
       verdonnert“ worden. Noch während einige von ihnen mit den fest angestellten
       Kollegen auf einem Streik-Spaziergang in der Oldenburger Innenstadt
       weilten, um den Menschen dort ihre Lage publik zu machen, erhielten sie per
       Mail und SMS Nachricht von ihrem Arbeitgeber, der Leiharbeitsfirma NWP: Sie
       hätten sich am Tag darauf, Pfingstsamstag, bei anderen Einsatzbetrieben zu
       melden – auf ausdrücklichen Wunsch des „Kunden NWZ“, wie Ver.di erfuhr.
       
       Kein freier Tag also für die Leiharbeiter, stattdessen Dienst bei
       Anzeigenblättern wie dem Oldenburger Hunte-Report und dem Sonntags-Report
       im ostfriesischen Leer, die beide zur NWZ gehören. Eventuell müssten sie
       dort klingeln, damit sie auch eingelassen würden. Laut ihrem
       Leiharbeitsvertrag ist dieser Umgang erlaubt: „Jederzeit“, heißt es dort,
       könnten sie anderswo eingesetzt werden – weshalb sie dem Arbeitsauftrag
       auch folgten.
       
       Ver.di-Tarifsekretär Matthias von Fintel spricht von „verächtlichen
       Mitteln“, mit denen der Verlag hantiere. Um nicht als Streikbrecher
       eingesetzt werden zu können, genießen Leiharbeiter nämlich ein
       Leistungsverweigerungsrecht. Fraglich auch, wie „Strafarbeit“ mit den
       NWZ-Unternehmensgrundsätzen vereinbar sei, in denen vom „wertschätzendem
       Umgang“ die Rede ist.
       
       Die Verlagsgeschäftsführer der Nordwest-Zeitung ließen eine Mail mit Fragen
       zu dem Fall unbeantwortet. Streikende Leiharbeiter allerdings wurden zum
       Gespräch einbestellt.
       
       29 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Zimmermann
       
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