# taz.de -- Wissenschaft für alle: Der gesellschaftliche Dialog fehlt
       
       > Der Hype um Großveranstaltungen wie „Nacht der Wissenschaft“ oder
       > „Wissenschaftssommer“ nimmt ab. Das Ziel, einen Dialog mit den Bürgern zu
       > führen, wurde verfehlt.
       
 (IMG) Bild: Lübeck: Der Auftakt des Wissenschaftsjahres 2012 wurde in einer bunten Kathedrale zelebriert.
       
       BERLIN taz | An diesem Wochenende gehen Wissenschaftler in Lübeck auf die
       Straße. Nein, nicht aus Protest. Vielmehr wollen die Forscher mit dem
       [1][„Wissenschaftssommer“] auf dem Lübecker Markt für die Faszination ihres
       Entdeckerberufs werben.
       
       In [2][Berlin fahren am Samstag eine Nacht] lang Busse 73 Unis und
       Forschungsinstitute an, wo den Besuchern an 2.500 Stationen faszinierende
       Experimente und volksnahe Vorträge geboten werden.
       
       Am Mittwoch hat Bundesforschungsministerin Annette Schavan das Binnenschiff
       [3][„MS Wissenschaft“] gestartet, das mit einer Ausstellung zum
       Wissenschaftsjahr [4][„Zukunftsprojekt Erde“] bis Mitte Oktober quer durch
       die Republik schippert.
       
       Für die Popularisierung der Wissenschaft wird inzwischen ein enormer
       Aufwand betrieben. Aus dem Aufruf des [5][Stifterverbandes] 1999, in
       Deutschland mehr für das „Public Understanding of Science“ zu tun, ist
       seitdem eine regelrechte Event-Industrie entstanden. Allein das
       Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt für sein Wissenschaftsjahr
       6 Millionen Euro aus, das Wissenschaftsschiff kostet eine knappe Million.
       
       Den Lübecker „Wissenschaftssommer“ finanziert die Initiative „Wissenschaft
       im Dialog“, die von den zehn führenden deutschen Forschungsorganisationen
       getragen wird.
       
       „Wir wollen mit unseren Darbietungen die Faszination der Forschung auch den
       Nichtwissenschaftlern vermitteln“, begründet Stefan Schwartze vom Vorstand
       des Geoforschungszentrums Potsdam den nächtlichen Einsatz der insgesamt
       rund 1.000 Wissenschaftler und Studenten.
       
       ## Bevölkerung aktiv einbeziehen
       
       Allerdings machen sich erste Erschöpfungssymptome bemerkbar. Mit 32.000
       Besuchern im vorigen Jahr hatte die Berliner Wissenschaftsnacht das Ende
       des Wachstums erreicht. Der Wissenschaftssommer, der zuvor im Jahreswechsel
       eine deutsche Landeshauptstadt beglückte, findet diesmal in Lübeck zum
       letzten Mal statt.
       
       Auch der Stifterverband hat seinen Wettbewerb zur Identifizierung der
       führenden „Stadt der Wissenschaft“ Deutschlands eingestellt. Zudem mehren
       sich sogar wissenschaftliche Zweifel am Nutzwert der Aktionen.
       
       In einer Studie der Universität Bielefeld kamen Peter Weingart und Miriam
       Voß zu dem Ergebnis, dass mit den Wissenschaftsjahren des BMBF „zwar häufig
       große Teilnehmerzahlen gewonnen werden, das Ziel eines gesellschaftlichen
       Meinungsdialoges jedoch verfehlt wird“.
       
       Hinzu komme, dass bei der Zielgruppenansprache „vor allem diejenigen
       erreicht werden, die sich ohnehin schon für Wissenschaft und Technik
       interessieren“. Einige Kritiker sehen in dieser Form der
       Wissenschaftsdarbietung gar ein „Beten für die Frommen“.
       
       Markus Weißkopf, Geschäftsführer von Wissenschaft im Dialog, sieht dagegen
       keineswegs das Ende des Gesprächs zwischen Bürgern und Forschern gekommen.
       Der „Wissenschaftssommer“ habe sich als zentrale Veranstaltung überlebt,
       weil es inzwischen viele lokale Wissenschafts-Events gebe.
       
       „Wir sind aber dabei, mit neuen Formaten wie den Bürgerkonferenzen“,
       erklärt Weißkopf, „nicht nur über Wissenschaft zu informieren, sondern die
       Bevölkerung auch aktiv einzubeziehen.“ Bei umstrittenen Themen, wie der
       Kohlendioxid-Speicherung CCS oder der grünen Gentechnik, dürften da hitzige
       Debatten im Bürgerzelt der Wissenschaft bevorstehen.
       
       31 May 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.wissenschaft-im-dialog.de/de/projekte/wissenschaftssommer/luebeck-2012.html
 (DIR) [2] http://www.langenachtderwissenschaften.de/
 (DIR) [3] http://www.wissenschaft-im-dialog.de/projekte/ms-wissenschaft.html
 (DIR) [4] http://www.zukunftsprojekt-erde.de/
 (DIR) [5] http://www.stifterverband.info/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manfred Ronzheimer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Nachhaltigkeit
 (DIR) Bürgerbeteiligung
       
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