# taz.de -- Streit der Woche: „Schützenvereine sind wertvoll“
> Der Grüne Hans-Christian Ströbele fordert schärfere Lagerbestimmungen für
> private Waffen. Der bayerische Innenminister verteidigt die
> Sportschützen.
(IMG) Bild: Die Initiative „Keine Mordwaffen als Sportwaffen“ demonstriert im Frühjahr 2012 in Erfurt, als sich der dortige Amoklauf zum zehnten Mal jährt.
Nach dem Amoklauf von Memmingen hat der bayerische Innenminister Joachim
Herrmann das bestehende Waffenrecht verteidigt und vor vorschnellen
Schlüssen gewarnt.
In seinem Gastbeitrag im Streit der Woche der aktuellen sonntaz schreibt
er: „Das Waffengesetz ist in den letzten Jahren immer wieder verschärft
worden. Es gelten strenge Regeln: Jeder, der eine Waffe will, wird
turnusgemäß auf Zuverlässigkeit geprüft. Zweifel gehen zu seinen Lasten. In
den allermeisten Fällen erweist sich das als ausgesprochen wirksam.“
In Vereinen gemeinschaftlich ausgeübten Schießsports sieht Herrmann keine
Orte der Gefahr, sondern Horte der Bewahrung von Traditionen:
„Schützenvereine sind nicht nur Teil einer gewachsenen, jahrhundertealten
Kultur, sondern leisten auch einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag.
In einer Zeit, in der soziale Bindungen schwächer werden und
Wertevermittlung wichtiger wird, schaffen sie Zusammenhalt. Ihre
Jugendförderung ist vorbildlich: Jugendliche lernen dort Konzentration und
Geduld.“
## Die Gefahr der schussfertigen Waffe
Der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele dagegen sieht in
den bestehenden Gesetzen zur Lagerung von Waffen ein Problem und fordert
ihre Verschärfung: „Hunderttausend scharfe Waffen in Privatbesitz sind eine
Gefahr: Der Zugriff Dritter ist nicht auszuschließen.“
Schusswaffen privat zu Hause zu lagern, sei nur aus zwingenden Gründen zu
erlauben, bei Jägern oder besonders gefährdeten Personen. Er mahnt: „Für
Schützenvereinsmitglieder gilt dies nicht. Schon gar nicht für
Waffenliebhaber, die im Verein sind, um zu Hause Waffen haben zu dürfen.“
Ganz entwaffnen möchte auch Ströbele die Schützen allerdings nicht. Er
plädiert dafür, die Vorgaben für die Lagerung zu ändern: „Sportschützen
benötigen Waffen nur am Schießstand. Dort sind sie sicher aufzubewahren.“
Dass bedeutet für ihn: „Schusswaffen und Munition sind getrennt
aufzubewahren: Die Gefahr stellen ja schussfertige Waffen mit Munition
dar.“ Die Grünen hätten im Bundestag beantragt, die gemeinsame Lagerung zu
verbieten.
## Amokläufe und legale Schusswaffen
Ginge es nach Mick North, einem engagierten Waffenkontrollaktivisten aus
Großbritannien, gäbe es ein absolutes Waffenverbot: Das Gesetz dürfe die
individuellen Vergnügungen von Schützen nicht über die öffentliche
Sicherheit stellen. „Denn,“ so schreibt er der sonntaz in einer Mail:
„Waffen werden für einen einzigen Zweck gebaut. Zu töten.“ Er fordert: „Im
Interesse der allgemeinen Sicherheit dürfen Waffen nicht privat gelagert
werden.“ In Großbritannien gibt es bereits ein Totalverbot von Kurzwaffen.
Die englischen Waffengesetze werden zu den schärfsten der Welt gezählt.
Das ist laut North, der für die Gesetzesverschärfung gekämpft hat, nur
konsequent:„Während die Waffenhalter häufig die Legalität und
ausschließliche Verwendung der Waffen für sportliche Zwecke betonen, werden
diese Waffen ebenso häufig gegen Menschen gerichtet“, schreibt er. Bei den
meisten Amokläufen in den westlichen Industrienationen würden legale
Schusswaffen verwendet.
North fordert ein generelles Verbot privaten Waffenbesitzes: „ Die Gefahr,
die eine einzige falsch aufbewahrte Waffe darstellt ist einfach zu groß.
Sport darf keine Waffen legitimieren.“ Seine Überzeugung fußt auf
Erfahrung: 1996 stürmte im schottischen Dunblane ein schwer bewaffnetes
Schützenvereinsmitglied eine Schule und erschoss 16 Grundschüler und ihre
Lehrer. Eine der Schülerinnen war Norths Tochter.
Die sonntaz-Frage „Müssen Sportschützen entwaffnet werden?“ diskutieren
außerdem Bernd Carstensen, Vizepräsident des Bundes Deutscher
Kriminalbeamter, Philologiestudentin und taz-Leserin Duygun Akdere,
Paintballerin Franzi Dünkel, die Ethiklehrerin und Betroffene des
Amoklaufes in Winnenden Gisela Mayer und Roman Grafe, Autor und Sprecher
der Initiative „Keine Mordwaffen als Sportwaffen!“ – in der [1][sonntaz vom
2./3. Juni], am Kiosk, [2][eKiosk] oder im [3][Wochenendabo].
1 Jun 2012
## LINKS
(DIR) [1] /zeitung/tazinfo/sonntaz-vorlauf/
(DIR) [2] /zeitung/e-paper/e-kiosk/
(DIR) [3] /zeitung/abo/wochenendabo/
## AUTOREN
(DIR) Eva-Lena Lörzer
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Streit der Woche: „Spielwiese für Alt-Stalinisten“
Steht die Linkspartei vor dem Aus? Pirat Oliver Höfinghoff sagt ja:
Frischer Wind blase aus einer anderen Richtung. Die Linke Caren Lay
widerspricht.