# taz.de -- Neonazis bedrohen Thüringer Musikfest: Braune Vögel im Paradies
       
       > Das Thüringer „Paradiesvogelfest“ gerät ins Visier örtlicher Neonazis –
       > sie rufen zum „Paradiesvogelschießen“ auf und zünden ein Auto an. Der
       > Veranstalter gibt sich souverän.
       
 (IMG) Bild: Lässt sich die Laune nicht vermiesen: Veranstalter „Prinz Chaos II“ auf dem Paradiesvogelfest 2011.
       
       DRESDEN taz | Braunen wird schnell etwas zu bunt, wie man weiß. Erst recht
       dann, wenn sich die Bunten selbst als Paradiesvögel bezeichnen und ein Fest
       veranstalten. Dann wird im Namen der braunen Einheitssoße schon mal ein
       Auto angezündet und bei Facebook zum „Paradiesvogelschießen“ aufgerufen. So
       geschehen vor dem an diesem Wochenende in Südthüringen stattfindenden
       „Paradiesvogelfest“.
       
       2008 kaufte der schwule Liedermacher Florian Ernst Kirner, der sich selbst
       Prinz Chaos II. nennt, die denkmalgeschützte Burg Falkenstein. Er selbst
       spricht von einem „Anarcho-monarchistischen Wohn- und Kulturprojekt“. 2011
       veranstaltete er auf dem Schloss das erste Paradiesvogelfest. Liedermacher,
       Musiker, Artisten und Autoren zogen rund 500 Besucher an. Die Medien
       interessierten sich zunehmend für das Projekt.
       
       Der schräge Prinz gehörte allerdings auch zu den Blockierern der Dresdner
       Nazi-Aufmärsche. Für die Naziszene in Hildburghausen bot er seit seinem
       Auftauchen eine Angriffsfläche. Schon im Oktober 2008 gab es eine massive
       Schlägerei, bei der sich Kirner dank seiner Japan-Erfahrungen mit einem
       japanischen Übungsschwert verteidigte.
       
       Im Vorfeld des zweiten Festes in diesem Jahr wurde auf dem Schlosshof das
       Auto eines vorab angereisten Musikers in Brand gesetzt und brannte völlig
       aus. Auf Facebook starteten teils namentlich bekannte Rechte mit Begriffen
       wie Paradiesvogelschießen, Headshots oder Straßenkampf regelrechte
       Mordaufrufe im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Fest.
       
       ## Mit Poesie und Lächen bewaffnet
       
       Liedermacher Konstantin Wecker solidarisierte sich daraufhin mit seinem
       Freund und Kollegen in Weitersroda. „Dieses Festival dürfen wir uns nicht
       kaputtmachen lassen“, schrieb Wecker auf seiner Facebook-Seite. Kirner
       veröffentlichte eine Proklamation, in der er vor allem den „friedlichen und
       fröhlichen Charakter“ des Festes betonte und forderte dazu auf, sich
       bestenfalls mit Poesie und einem Lächeln zu bewaffnen. Wegen einiger
       „rechtstickender Idioten“ sei auch das Dorf Weitersroda keineswegs „unser
       kollektiver Feind“, reicht er den Bewohnern die Hand. An anderer Stelle
       lobt Kirner auch den Aufklärungseifer der Polizei und der
       Staatsanwaltschaft nach dem Brandanschlag.
       
       Diese Verbindlichkeit scheint sich auszuzahlen, auch wenn der Prinz in
       einem Interview nach den Internet-Mordaufrufen zunächst dafür plädiert
       hatte, „diese Struktur auseinander zu nehmen und so zu zerlegen, dass sie
       nicht mehr handlungsfähig ist“. Der Open-Stage-Auftakt des
       Paradiesvogelfestes am Donnerstag verlief ohne Zwischenfälle.
       
       Ein junger Mann aus dem Dorf entschuldigte sich sogar ausdrücklich bei den
       Veranstaltern für die Anfeindungen, die nicht typisch für Weitersroda
       seien. Möglicherweise tat er dies aber auch nur unter dem Druck der
       laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungen. Der ungestörte Auftakt
       unterstützt jedenfalls den Aufruf von Prinz Chaos II. an potenzielle
       Besucher, sich durch Drohungen nicht von einem Besuch des Festes
       abschrecken zu lassen.
       
       1 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) M. Bartsch
 (DIR) H. Vilsmeier
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA