# taz.de -- Kolumne Männer: Der Gott des Gemetzels
       
       > Warum verwechseln viele Männer und Frauen Geschlechteremanzipation mit
       > einem Kampf um Sieg oder Niederlage?
       
       Sigmund Freud sagte: „Gegen Angriffe kann man sich wehren. Gegen Lob ist
       man machtlos.“ Ich möchte versuchen, einen der größten Denker des
       Abendlandes zu widerlegen.
       
       Vor zwei Wochen veröffentlichte ich an dieser Stelle eine Glosse. Ich
       schrieb: Zu behaupten, Männer seien in allen Lebenslagen Täter, Frauen
       immerzu Opfer, zeuge von Denkfaulheit. Als Beispiel führte ich an, dass
       Männer hierzulande im Schnitt fünfeinhalb Jahre weniger leben als Frauen.
       Was, wenn es umgekehrt wäre? Und warum, fragte ich, floriert noch immer das
       Klischee vom kriegslüsternen Mann? Kriege gingen auch von Demokratien aus,
       deren Wahlbevölkerung zur Hälfte aus Frauen besteht.
       
       Dieses Urteil fand ich zwar erwähnenswert, aber nicht revolutionär, weshalb
       ich hier und da einige Scherze einfügte. Obwohl diese Lacher funkelnde
       rhetorische Edelsteine waren (ich griff nur hier und da auf die Nennung von
       Geschlechtsorganen zurück), kamen meine Worte bei manchen Lesern anders an
       als erwartet. Vor allem bei Männern.
       
       „Ich bin ehrlich überrascht, angenehm überrascht, einen solchen Kommentar
       in der taz zu lesen“, schrieb „Peter“. „Hätte solche doch recht aufrechten
       und ganz gegen den Mainstream gerichtete Sätze eher in der Jungen Freiheit
       vermutet.“ Ein anderer zeigte sich verblüfft: „Wirklich erstaunlich, dass
       eine solche Kolumne die Kontrollpunkte der Feministischen Einheitsfront
       passieren konnte.“ Ein Dritter fragte: „Sind die feministischen
       Redaktions-Blockwarte des alltäglichen Frauenunterdrückungsmantras etwa
       gerade auf Urlaub?“
       
       Anscheinend sind meine Worte auf die geballte Frustration von Männern
       getroffen, die sich als qua Geschlecht böse diffamiert sehen. Wenn das
       stimmt, fände ich das bedauernswert. Aber warum fällt ihnen nichts Klügeres
       ein, als auf vermeintliche oder tatsächliche Anschuldigungen zu antworten
       mit – Anschuldigungen?
       
       In den Augen vieler scheint im Geschlechterverhältnis nur ein Prinzip zu
       gelten: Sieg oder Niederlage. Geht es Frauen besser, geht es Männern
       schlechter. Und umgekehrt. Warum aber sollte, wenn Menschen eines
       Geschlechts an Entfaltungsmöglichkeiten hinzugewinnen, es anderen Menschen
       automatisch schlechter gehen?
       
       Ein Beispiel: Ich habe mich öffentlich für die Initiative „Pro Quote“
       ausgesprochen. Diese plädiert für einen Frauenanteil von mindestens 30
       Prozent in journalistischen Führungspositionen. Ich bin dafür, weil ich
       glaube, dass die heutigen Job-Hierarchien nicht „männlich“ sind, sondern
       schlecht. Ebenso gut ließe sich sagen, Vanilleeis sei „männlich“. Starre
       Hierarchien hemmen die Entfaltung vielseitig interessierter Frauen und
       Männer. Eine Frauenquote kann helfen, diese Strukturen zu ändern – mit
       Gewinn für beide Geschlechter.
       
       Niemand in dieser Zeitung hat mir diese Haltung negativ ausgelegt – obwohl
       hier eine Quote von 50 Prozent angestrebt wird. Vielleicht sind die
       feministischen Redaktions-Blockwarte des alltäglichen
       Frauenunterdrückungsmantras ja bloß auf Urlaub. Wenn ja, wünsche ich ihnen
       neidfrei viel Spaß.
       
       5 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Matthias Lohre
       
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