# taz.de -- Streit um die Energiewende: Herr Hoffmann entdeckt den Naturschutz
       
       > Braunschweigs CDU-Oberbürgermeister wendet sich gegen Vorrangflächen für
       > Windräder und beruft sich dabei auf Baron Enoch zu Guttenberg.
       
 (IMG) Bild: Braunschweig hat viele schöne Seiten, behauptet Oberbürgermeister Hoffmann: Für Windräder sei reichlich Platz außerhalb des Stadtgebiets
       
       HAMBURG taz | Braunschweigs Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) hat den
       Naturschutz für sich entdeckt, und zwar beim Thema Windkraft. Dem Rat der
       Stadt schlug er vor, Braunschweig möge auf Vorrangflächen für Windenergie
       verzichten.
       
       Unter anderem begründete er das mit einem Artikel von Enoch zu Guttenberg
       in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Darin hatte der greise Vater
       des Ex-Verteidigungsministers die Windräder mit den außerirdischen Monstern
       in „Krieg der Welten“ verglichen. Mit der positiven Haltung des BUND zur
       Windenergie begründete er seinen Austritt aus dem Umweltverband.
       
       Um mehr Windenergieanlagen zu ermöglichen, arbeitet der Zweckverband
       Großraum Braunschweig zurzeit daran, das regionale Raumordnungsprogramm zu
       ändern. Dabei hat er zwei Vorranggebiete für Windräder auf Braunschweiger
       Territorium vorgeschlagen: östlich von Bevenrode und südlich von
       Mascherode. OB Hoffmann nun hält die beiden Gebiete für ungeeignet, der
       Planungsausschuss, in dem SPD und Grüne die Mehrheit haben, stimmte
       trotzdem dafür.
       
       Das Gebiet bei Bevenrode grenze unmittelbar an das
       Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiet (FFH) „Eichen-Buchenwälder zwischen
       Braunschweig und Wolfsburg“, argumentiert Hoffmann. „An diesem Standort
       könnte es zu Konflikten kommen, da auch das Umfeld von FFH-Gebieten
       Restriktionen unterliegt“, warnt er.
       
       Carlo Fuchs vom Braunschweiger Naturschutzbund (Nabu) hält das für ein
       „nachvollziehbares Argument“. Das europäische FFH-Gebiet sei auch ein
       EU-Vogelschutzgebiet, insbesondere wegen der Spechte, die dort beheimatet
       sind. Ein Windpark vor dem Wald könnte den Tieren schaden.
       
       Den Grünen-Stadtrat Gerald Heere überzeugt das alles nicht. „Die
       Einrichtung von Windrädern neben dem Flora-Fauna-Habitat-Gebiet bei
       Bevenrode wird hier zum Problem hochstilisiert“, sagt er. „Dagegen hatte
       Herr Hoffmann bekanntlich keinerlei Schwierigkeiten damit, 90 Hektar des
       FFH-Gebiets Querumer Forst für den Flughafenausbau zugunsten des
       VW-Konzerns zu opfern.“
       
       Auch der Kronzeuge Enoch zu Guttenberg überzeuge mit seiner Kritik in der
       FAZ nicht. „Die Energiewende ist zu wichtig, um ihr polemisch zu begegnen“,
       sagt Heere. Guttenberg hatte dem BUND vorgeworfen, er habe sich seinen
       Einspruch gegen einen Windpark in der Nordsee abkaufen lassen.
       Windenergieanlagen zerstörten die Landschaft, machten die Entwaldung ganzer
       Höhenzüge erforderlich und häckselten Vögel.
       
       Ein Vorranggebiet bei Mascherode lehnt Hoffmann ab, weil dort „die letzte
       große zusammenhängende Wohnbaulandreserve der Stadt“ liege. „Ich glaube
       nicht, das Braunschweig auf dem Weg zu einer 500.000-Einwohner-Stadt ist“,
       erwidert SPD-Fraktionschef Manfred Pesditschek.
       
       Vor zehn Jahren habe der Rat ein großes Wohnbaugebiet im Nordwesten
       beschlossen. Das sei erst zur Hälfte bebaut. Zudem wolle die SPD lieber
       Wohnungen in der Innenstadt schaffen. Sollte sich an dieser Lage in 20
       Jahren etwas ändern, wären die Windkraftanlagen bis dahin abgeschrieben.
       Hoffmanns Argument sei bloß vorgeschoben.
       
       Viel eher, sagt der Sozialdemokrat, könne sich die Nähe zum Flughafen
       auswirken. Ob dessen Sicherheit durch einen Windpark bei Bevenrode
       gefährdet würde, müsse das weitere Verfahren zeigen. Für den Rat gelte es,
       die Gesamtsituation im Auge zu behalten.
       
       Nach der Fukushima-Katastrophe hatte er die Verwaltung beauftragt, sich an
       einem regionalen Energie- und Klimaschutzkonzept zu beteiligen. Auch sollte
       die Schaffung weiterer regenerativer Energieerzeugungsanlagen im
       Stadtgebiet mit einem Zuschuss zu den Investitionskosten gefördert werden.
       „Man kann nicht sagen, baut immer nur bei den Nachbarn, aber nicht bei
       uns“, findet Pesditschek.
       
       8 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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