# taz.de -- Gewalt zwischen Buddhisten und Muslimen: Kriegsrecht in Birma
       
       > Nach Gewalt zwischen Buddhisten und Muslimen mit 17 Toten hat der
       > Präsident Birmas den Notstand verhängt. Hintergrund ist die
       > Vernachlässigung der muslimischen Minderheit.
       
 (IMG) Bild: Polizisten versuchen Auseinandersetzungen zu verhindern.
       
       BANKGOK taz | Die Auseindersetzungen zwischen religösen Gruppen im Westen
       Birmas gehen weiter. Obwohl am Wochenende Präsident Thein Sein im
       Rakhaing-Staat das Kriegsrecht verhängt hatte. Es sei notwendig, den
       Ausnahmezustand zu verhängen, weil die Gewalt der letzten Tage die
       Stabilität sowie den Übergang zur Demokratie gefährde, sagte Birmas
       Präsident. Gleichzeitig sollte so verhindert werden, dass der Konflikt sich
       auch in anderen Teilen des Landes ausbreitete.
       
       Der Armee werden während des Notstandes sämtliche Vollmachten übertragen –
       was immer das auch heißen mag in einem Land, das jahrzehntelang unter
       Militärherrschaft stand und erst seit März 2011 eine lediglich nach außen
       hin zivile Regierung hat. Der Direktor des Präsidialbüros, Zaw Htay,
       formulierte die Prioritäten jedenfalls so: „Wir haben die Truppen
       angewiesen, sowohl den Flughafen zu beschützen als auch die attackierten
       Rakhine-Dörfer in Sittwe.“
       
       Jener Distrikt ist benannt nach der Regionalhauptstadt des
       Rakhaing-Staates, über die wie über mehrere andere Orte bereits am
       Wochenende eine nächtliche Ausgangssperre verhängt worden war. Der
       Ausnahmezustand könnte zusätzlich Öl ins Feuer gießen: Mindestens ein
       muslimischer Augenzeuge gab an, dass die Sicherheitskräfte buddhistischen
       Angreifern dabei helfen würden, Häuser von Muslimen zu zerstören.
       
       Der Ankündigung des Präsidenten war eine Woche voller Gewalt
       vorausgegangen, bei der 17 Menschen ermordet worden waren. Berichten
       zufolge hatten am Freitag aufgebrachte Muslime buddhistische Einrichtungen
       angegriffen. Mindestens fünf Buddhisten waren erstochen sowie hunderte
       Häuser in Brand gesteckt worden. Auch am Samstag und Sonntag hätten die
       Ausschreitungen angehalten, erklärten Augenzeugen.
       
       ## Journalisten verwarnt
       
       Unterdessen waren einheimische Journalisten von den Autoritäten verwarnt
       worden, keine aufbauschenden oder reißerischen Berichte über die Lage im
       Rakhaing-Staat zu verfassen. Das könne zu weiterer Instabilität führen,
       hieß es am Sonntagabend während einer extra anberaumten Pressekonferenz in
       Rangun. Medienvertreter jedoch beschwerten sich über diese Maßregelungen
       von offizieller Seite: Diese Pressekonferenz sei nur dazu gedacht gewesen,
       die Medien wieder stärker zu gängeln statt zu informieren.
       
       Die Spannungen hatten sich entladen, nachdem zehn muslimische Pilger
       während einer Busreise am 3. Juni von einem buddhistischen Mob umgebracht
       wurden. Anlass war die Vergewaltigung und Ermordung einer Buddhistin Ende
       Mai, für die drei muslimische Männer verantwortlich gemacht worden waren.
       Der Mob hatte angenommen, die mutmaßlichen Täter befänden sich in dem Bus.
       
       Knapp 90 Prozent der Bevölkerung Birmas, das die Militärjunta in Myanmar
       umbenannte, sind Buddhisten. Die muslimische Minderheit umfasst rund 4
       Prozent. Zur Letzteren gehören auch etwa 750.000 Rohingya, die überwiegend
       im an Bangladesch grenzenden Rakhaing-Staat leben, jedoch in Birma nicht
       als ethnische Minderheit anerkannt sind. Im besten Fall gelten sie als
       „bengalische Eindringlinge“, seit der jüngsten Gewalt gar als „bengalische
       Terroristen“.
       
       ## Verfolgt und unterdrückt
       
       Die Vereinten Nationen bezeichnen die Rohingya als eine der am meisten
       verfolgten und unterdrückten Minderheiten der Welt. Viele sind nach
       Bangladesch geflohen, wo sie aber auch nicht willkommen sind. Jahrzehnte
       systematischer Verfolgung durch Birmas Autoritäten hätten diese
       konfessionsgebundene Gewalt unausweichlich gemacht, kritisiert Elaine
       Pearson, Vize-Asienchefin der Menschenrechtsorganisation Human Rights
       Watch.
       
       Mit der massiven Diskriminierung der Rohingya, einem von Birmas früherem
       Militärregime ignorierten Problem, wird sich nun die aus Exmilitärs
       bestehende zivile Regierung Thein Seins befassen müssen. Denn der Konflikt
       in dem rohstoffreichen Rakhaing-Staat droht sämtliche Versuche des
       Reformflügels um den Präsidenten zu untergraben, Birma als stabil und
       wirtschaftlich attraktiv zu präsentieren.
       
       12 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Glass
       
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