# taz.de -- Interview mit einem Elite-Direktor: "Das gibt es nicht in Gießen"
       
       > An der FU wird gehofft und gebangt: wird die Uni noch mal exzellent?
       > Präsident Peter-André Alt über den Spirit der Elite, negative Effekte und
       > die Zeit danach.
       
 (IMG) Bild: "Erfolgsdruck gibt es immer", sagt FU-Direktor Peter-André Alt.
       
       taz: Herr Alt, am Freitag entscheidet sich, ob die Freie Universität eine
       Exzellenz-Universität bleibt. Der Erfolgsdruck ist groß. Muss die FU um
       jeden Preis gewinnen? 
       
       Peter-André Alt: Erfolgsdruck gibt es immer. Wir waren aber auch unabhängig
       von der Exzellenzinitiative wissenschaftlich sehr aktiv. Der
       DFG-Förderatlas zeigt, dass unsere Universität auch ohne Berücksichtigung
       der Exzellenz-Gelder die meisten Forschungsmittel in Deutschland einwerben
       konnte. Ihre Mittel aus der dritten Förderlinie, dem Zukunftskonzept, hat
       sie sogar am effizientesten eingesetzt und am meisten aus ihnen gemacht.
       
       Es fehlen trotzdem über 40 Millionen Euro im Haushalt der FU, wenn sie
       nicht noch einmal die Fördergelder bekommt. 
       
       Natürlich würden wir dann versuchen, die erfolgreichen Konzepte, die ja
       auch langfristig angelegt sind, weiter umzusetzen. Es wäre fatal, wenn wir
       Einrichtungen wie unsere Dahlem Research School oder das Center for
       International Cooperation wieder schließen müssten. Es wäre schwierig, alle
       Projekte in den ohnehin angespannten Normaletat zu übernehmen. Die durch
       die Förderung erzeugte Dynamik würde auf halber Strecke aufgehalten. Das
       wäre ein ganz problematischer Umstand für uns. Dann bräuchten wir die
       Unterstützung des Landes, beispielsweise über die Einstein-Stiftung.
       
       Gibt’s schon Kürzungslisten? 
       
       Wir haben einen Schwerpunkt in der Nachwuchsförderung und müssen auch bei
       den Promotionsprogrammen weiter Akzente setzen. Da können wir uns nicht aus
       der Verantwortung stehlen. Schwierigkeiten gäbe es im Bereich der
       Forschungsplanung, die müsste dann aus den knappen Bordmitteln finanziert
       werden. Im Bereich der Internationalisierung müssten wir uns sehr genau
       anschauen, welche der sieben internationalen Verbindungsbüros wir uns dann
       leisten könnten. Eine Reduzierung wäre sehr bitter.
       
       Bei der Exzellenzinitiative geht es um Spitzenforschung. Was bringt es den
       Studenten, wenn die FU noch mal exzellent wird? 
       
       Man macht es sich zu einfach, zu sagen: Ihr werdet mehr Chancen auf dem
       Arbeitsmarkt haben, weil ihr an einer Exzellenz-Universität studiert habt.
       Ich glaube, den Mehrwert macht etwas anderes aus: der Spirit. Wir haben
       hier in den letzten Jahren etwas gemeinsam aufgebaut. Die Freie Universität
       hat sich internationale Strahlkraft und ungeheure Forschungsperspektiven
       erarbeitet – davon profitieren natürlich auch unsere Studierenden. Vor
       Kurzem erhielt hier der herausragende Kulturtheoretiker Homi K. Bhabha die
       Ehrendoktorwürde, davor der pädagogische Vordenker Lee Shulman. Das sind
       Strahlpunkte der Wissenschaft. Den Studierenden muss klar sein, das gibt es
       nicht in Paderborn oder Gießen.
       
       So viel zum Spirit. Das ist aber nicht der Alltag im Hörsaal. Die Lehre ist
       alles andere als exzellent. 
       
       An der Freien Universität arbeiten wir stetig daran, wir haben schon
       bessere Zahlen. Seit 2006 konnten wir die Abschlussquote von 50 auf 75
       Prozent steigern. Leider ist das Betreuungsverhältnis in einigen besonders
       stark nachgefragten Fächern nicht optimal. Wir konnten das Verhältnis
       dennoch verbessern. Früher kamen auf einen Dozenten 75 Studierende, jetzt
       sind es 55. Ich will es nicht schönreden, das sollte noch besser werden.
       
       Was tun Sie dagegen? 
       
       Allein bekommen wir das Problem nicht vom Tisch, weil wir an die
       gesetzliche Kapazitätsverordnung gebunden sind. Das heißt, wenn wir mehr
       Dozenten einstellen, müssen wir gleichzeitig mehr Studierende aufnehmen –
       das ist wiederum eine Frage der Finanzierung. Wir versuchen deshalb bei der
       ergänzenden Betreuung mehr zu machen. Beispielsweise durch intensive
       Beratungen, Mentorierungsprogramme und Tutorien.
       
       Die Exzellenzinitiative führt auch zu Engpässen in der Lehre. 
       
       Wir kennen das Problem. Ein Exzellenzcluster aufzubauen ist eine
       Heidenarbeit. Diese Professoren können nicht neun Stunden lehren. Die
       temporären Reduktionen in der Lehre sind nennenswert. Geschätzt hat etwa
       ein Viertel der 300 Professoren in der Lehre reduziert. Das ist eine Chance
       für den wissenschaftlichen Nachwuchs und Postdocs außeruniversitärer
       Institute, die Vertretungsprofessuren übernehmen. Gleichzeitig erkenne ich
       die Interessen der Studierenden absolut an. Die Dozenten werden teilweise
       nach einem Jahr berufen und wechseln, die Studierenden suchen länger nach
       Prüfern. Das ist ein Dilemma. Ich sage es ganz ehrlich, das ist schwer zu
       lösen. Wir versuchen Kontinuität bei den Vertretungen zu schaffen.
       
       INTERVIEW:
       
       14 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Laurence Thio
       
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