# taz.de -- GLAUBEN: Streit um Drei-Religionen-Schule
       
       > Das Bistum Osnabrück startet nach den Ferien eine Bekenntnisschule für
       > Juden, Christen und Muslime. Die Lehrer der bis dato staatlichen Schule
       > halten das für falsch: Das Konzept rechtfertige die Privatisierung nicht.
       
 (IMG) Bild: Da herrschte noch Einigkeit: Schulleiterin Birgit Jöring (links) und die Religionslehrer posieren im April mit dem Logo der Drei-Religionen-Schule.
       
       Der Plan, in Osnabrück eine katholische Grundschule in eine Schule für
       Juden, Christen und Muslime umzuwandeln, wird von der bisherigen
       Lehrerschaft abgelehnt. Das neue Konzept unterscheide sich nicht wesentlich
       von dem, was die Schule bisher gemacht habe. Damit entfalle auch die
       Rechtfertigung dafür, die Trägerschaft von der Stadt an das katholische
       Bistum zu übergeben. Vertreter des Bistums sprachen dagegen von einem
       bundesweit einmaligen Modell.
       
       Die Johannisschule in Osnabrück ist bis dato noch eine sogenannte
       öffentliche Bekenntnisschule. Sie wird von der Kommune getragen, richtet
       sich aber vor allem an Kinder katholischen Glaubens. 80 Prozent der
       Grundschüler müssen nach Landesrecht Katholiken sein – ein Wert, der sich
       mangels getaufter Christen immer schwerer erreichen lässt. Vor zwei Jahren
       habe zum ersten Mal nur einer von zwei Zügen dieses Kriterium erfüllt, sagt
       die kommissarische Schulleiterin Silvia Bielefeld.
       
       Der Stadtrat stand vor der Wahl, die Schule zu einer normalen öffentlichen
       Schule zu machen oder sie als Schule mit einem religiösen Profil in die
       Hände des Bistums zu geben. Statt eine Schule für Katholiken soll sie nun
       eine Schule für Kinder werden, deren Eltern allgemein Wert auf eine
       religiöse Erziehung legen – mit einem Schwerpunkt auf den drei
       abrahamitischen Religionen, die alle die gleiche Wurzel haben.
       
       „Das ist ein Angebot für Eltern, die ganz bewusst eine Grundschule mit
       religiösem Profil wollen“, sagt Hermann Haarmann, der Pressesprecher des
       Bistums. Die drei Religionen sollen getrennt unterrichtet, die religiösen
       Feste aber wechselseitig zur Kenntnis genommen werden. „Die Schule wird
       nach dem theologischen Grundsatz geführt, der von einer Gleichwertigkeit,
       aber nicht Gleichartigkeit der Religionen ausgeht“, sagt der Initiator des
       Projekts beim Bistum Winfried Verburg.
       
       „Einen religiösen Mischmasch wird es nicht geben“, sagt die designierte
       Schulleiterin Birgit Jöring. Die Kinder sollten sich zunächst ihrer eigenen
       Wurzeln vergewissern, um dann zu erfahren, wo die Berührungspunkte mit den
       anderen Religionen liegen. Johannes, der Namenspatron der Schule, spiele
       zum Beispiel in jeder der drei Religionen eine Rolle.
       
       Ziel sei es, jeweils ungefähr ein Drittel christlicher, jüdischer und
       muslimischer Schüler zu gewinnen, sagt Haarmann. Dafür seien LehrerInnen
       mit der entsprechenden religiösen Kompetenz eingestellt worden. „Das findet
       man an anderen Schulen nicht“, sagt Haarmann. Darüber hinaus sei die Schule
       offen für Kinder mit einem anderen oder gar keinem Bekenntnis. Mit knapp 60
       Anmeldungen für die ersten beiden Jahrgänge sei das Interesse überraschend
       groß.
       
       In der Drei-Religionen-Schule könnten die Kinder erfahren, wie
       Gleichaltrige der jeweils anderen Religion leben, sagt die künftige
       Schulleiterin Jöring. Die Kinder sollten lernen, „über ihre eigene Religion
       so zu sprechen, dass Menschen anderer Religionen sie verstehen können“.
       
       Während die Drei-Religionen-Schule sich von Jahrgang zu Jahrgang aufbaut,
       wird die alte Johannisschule auslaufen. Doch keiner der alten Lehrer möchte
       bei der neuen Schule mitmachen. „Wir unterstützen das öffentliche
       Schulsystem und sind grundsätzlich gegen private Träger“, sagt die
       kommissarische Schulleiterin Bielefeld. Vor allem, weil nicht zu erwarten
       sei, dass bei dem Wechsel etwas Neues herauskomme. „Wir glauben, dass
       dieses Konzept keine Integration leistet, die über das, was wir anbieten,
       hinausgeht“, sagt sie. Die Johannisschule betreue Kinder aus 22 Nationen.
       „Wir integrieren jeden Tag“, sagt Bielefeld.
       
       Ihrer Erfahrung nach ist die Religion nicht der wichtigste Faktor für eine
       gelingende Integration. Viel wichtiger sei die Sprache. „Nur über
       Sprachvorbilder kann ich mich integrieren“, findet Bielefeld. Die
       Johannisschule biete deshalb ab der ersten Klasse Italienisch an – eine
       Fremdsprache, die in der Regel keines der Kinder beherrsche. So könne jeder
       wissen, wie es ist, wenn er den anderen nicht versteht.
       
       14 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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