# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Die Fussel sind weg
       
       > Burner-Meldung: Diekmann hat die Fusseln ab. Die „Süddeutsche Zeitung“
       > tötet durch Umarmung und Caren Miosga trägt Gebührengelder nach Athen.
       
       Hallo, taz-Medienredaktion!
       
       Da nimmt man einmal den Helm ab und schon hat man den Salat bzw. die
       Buttercreme in den Haaren. Meine Geburtstagssause zum dreijährigen
       Kolumnenbestehen ist nämlich etwas ausgeartet. Zum Glück fand zwei Tage
       später das „Reporter-Forum“ statt, da ist dann der Anstand wieder
       eingezogen. Aber zurück zu den schmierigen Haaren: Kai Diekmann,
       Bild-Chefredakteur und ständiger Vertreter des Gel-Looks, hat die Fusseln
       ab. Totale Burner-Meldung.
       
       Nach 27 Jahren (!) Schmierpracht war es Zeit für was Neues. Nun gehen bei
       uns Frauen natürlich sofort die Lichter an, wenn wir hören, dass sich
       jemand die Haare abraspelt. Haare ab, das heißt bei uns Damen, Liebe
       vorbei. Oder Beziehung. Warum sollte das bei einem Mann anders sein? Zumal
       der Zeitpunkt Obacht verlangt. Zeitgleich nämlich verkündet el Chefo, er
       ginge für ein halbes Jahr ins Silicon Valley. Bei Frauen würde man meinen,
       um sich die Brüste machen zu lassen, Diekmann aber geht zwecks
       Zukunftsforschung.
       
       Zum Thema Zukunft passt, dass der Springer-Verlag bei der Agentur für
       Arbeit einen Antrag auf Massenentlassung stellen will, um etwa 50
       Mitarbeiter von der Computer-Bild-Gruppe rausschmeißen zu können, die sich
       geweigert hatten, sich in die neu gegründete und nicht tarifgebundene
       Computer Bild Digital GmbH ausgliedern zu lassen. Springer begründet die
       Ausgliederung mit wirtschaftlicher Notwendigkeit.
       
       Ob auch Diekmanns Ausgliederung auf wirtschaftlicher Notwendigkeit fußt,
       möchte ich anzweifeln. Ich finde, wie das alles zusammenhängt – Haare,
       Ausland –, sollte mal jemand recherchieren. Wozu haben denn die Jungs von
       der Bild nun den Henri-Nannen-Preis für Recherche bekommen? Doch dafür, die
       Verquickung von geschäftlichem und Privatem offengelegt zu haben. Also!
       
       Weil Bild-Leute den Preis bekommen haben, lehnten die Herren von der
       Süddeutschen Zeitung ihren ab. Und zwar lauthals. Wie hübsch leise Rache
       sein kann, zeigen ihre Feuilleton-Kollegen, wenn sie auf den neuen
       Gedichtband von Günter Grass hinweisen. Jenem Schurken des Wortes, der
       ihnen jenes mit „letzter Tinte“ geschriebenes Wut-Gedicht in die Seiten
       gedrückt hatte, das zwar nicht zur Selbstauflösung Israels führte, so doch
       zu wochenlangen Diskussionen.
       
       Die SZ-Kollegen geben genüsslich Grass Worte wieder, nach denen sich die
       Gedichte, die unter dem Titel „Eintagsfliegen“ erscheinen werden, „seit dem
       Sommer 2010 während Radierungsarbeiten für die Jubiläumsausgabe seines 1963
       erschienenen Romans „Hundejahre“ angesammelt“ hätten. Und enden die
       Ankündigung mit der Feststellung: „Zuletzt hatte Grass mit politischen
       Gedichten eine gewissen Aufmerksamkeit erzielt.“ Töten durch Umarmung. Ich
       liebe es!
       
       Weniger Understatement als viel mehr volles Rohr gönnen dieser Tage die
       ARD-Oberen ihren Zuschauern und nehmen den Untergang Griechenlands zum
       Anlass, die Tagesthemen direkt aus dem Trümmerland zu senden. Nicht wegen
       des Weiterkommens bei der Fußball-EM, sondern der Wahl. Wozu von der
       Hamburger Nachrichtenredaktion aus Jammerbilder in die Welt schicken, wenn
       Caren Miosga mitsamt zwei Redakteuren die Gebührengelder nach Athen tragen
       kann, um die Euros zu denen zu bringen, die sie brauchen?
       
       Zumal der BR auch noch mit sechs Reportern vor Ort ist. Plus Cuttern,
       Technikern und Mäusemelkern. Kein Wunder, dass die Kollegen vom ZDF traurig
       sind, dass sie nicht so dolle helfen können. „Unser Vor-Ort-Team ist
       kleiner als deren Cutter-Crew!“ heulte ein ZDFler in mein Feldtelefon. Mit
       einem satten „Tja!“ zurück nach Berlin!
       
       19 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Silke Burmester
       
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