# taz.de -- Menschenkette gegen Fluglärm in Frankfurt: Erhöhter Leidensdruck
       
       > 5.000 Menschen protestieren in der Mainmetropole gegen Fluglärm.
       > Grundsätzlich gegen den Airport sind die wenigsten Demonstranten – es
       > geht ihnen um die neue Landebahn.
       
 (IMG) Bild: Gewachsene Betroffenheit: Seit Eröffnung der neuen Landebahn ist das Flugaufkommen in Frankfurt größer geworden.
       
       FRANKFURT/M. taz | Volksfeststimmung in Frankfurt am Main, obwohl
       rechtzeitig zum Beginn der Veranstaltung um 15 Uhr die ersten Regentropfen
       fallen. Per Megafon wird von der Untermainbrücke die Information
       durchgegeben: „Die Menschenkette ist geschlossen von Oberrad bis Niederrad,
       wir warten nur noch auf die La-Ola-Welle!“
       
       Weit über 5.0000 Menschen sind dem Aufruf der Bürgerinitiative „Eintracht
       gegen Fluglärm“ gefolgt und haben sich entlang der sieben Mainbrücken der
       Stadt direkt am Flussufer versammelt und applaudieren sich nun selbst zu
       diesem schönen Erfolg. Kirchenglocken läuten. „Hand in Hand für unsere
       Zukunft“, lautet das Motto dieses Sonntags
       
       Auch von Booten auf dem Main aus wird das Ereignis bestaunt und
       fotografiert. „Keine Flughafenerweiterung! Nachtflugverbot!“, steht auf den
       gelben Fahnen der Bürgerinitiativen, zwei Aktivisten ziehen ein lädiertes
       Flugzeug auf einem Handwägelchen den Kai entlang, immer wieder skandiert
       die Menge: „Die Bahn muss weg!“ Gemeint ist die neue Landebahn. Ein
       sichtlich unbeeindruckter Passant eilt mit seiner Freundin kopfschüttelnd
       vorbei: „Die fliegen doch auch alle mit der Bahn in den Urlaub.“
       
       Da ist er also wieder, der innere Widerspruch aller Demonstrationen gegen
       der Ausbau des Flughafens. Er wird, wie jedes große Infrastrukturprojekt,
       von den Menschen der Region benutzt – nur leiden mag darunter keiner.
       
       ## Verkehrsaufkommen spürbar erhöht
       
       Tatsächlich hat sich das Verkehrsaufkommen mit Inbetriebnahme der neuen
       Landebahn Nordwest spürbar erhöht. Und Anwohner, die bisher glimpflich
       davongekommen waren, leben nun direkt in der neuen Einflugschneise. Der
       Leidensdruck erklärt wohl auch so manchen Fehlgriff: „Luftkrieg gegen die
       Zivilbevölkerung ist ein Verbrechen.“
       
       „Wir sind nicht gegen den Flughafen“, wird Mela Krauß, Mitinitiatorin der
       Aktion, denn auch nicht müde zu betonen: „Wir sind aber sehr wohl gegen
       einen immer weiteren Ausbau. Es muss einen Paradigmenwechsel geben. Auch
       Wachstum stößt irgendwann an seine Grenzen.“
       
       Was sie damit meint, steht auch auf Plakaten am Geländer der Brücke:
       „Gesundheit geht vor Profit!“ Tut es das? „Es sollte, es sollte!“, ruft
       sichtlich aufgebracht ein älterer Mann. Der Rentner ist eigens aus Hochheim
       angereist und kann auch vom Versprechen auf bauliche Lärmschutzmaßnahmen
       nicht besänftigt werden: „Das ist doch kein Leben, so mit einer Klimaanlage
       eingesperrt zu sein.“
       
       Auf der Abschlusskundgebung gratuliert die Aktivistin Ursula Fechter, die
       auch schon als OB-Kandidatin ins Rennen gegangen ist, den Münchnern für
       ihren Bürgerentscheid gegen den Bau einer neuen Startbahn im Erdinger Moos.
       
       ## „Wem es zu laut ist, der soll doch wegziehen“
       
       Begrüßt werden nicht nur Abordnungen aller Stadtteile, sondern, mit
       besonders starkem Applaus bedacht, die angereisten Demonstranten aus
       Berlin. Für ungebrochene Empörung sorgt ein Zitat der scheidenden
       Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth: „Wem es zu laut ist, der soll
       doch wegziehen.“
       
       Ziel der Demonstration ist denn auch das neue Stadtoberhaupt, der
       SPD-Politiker Peter Feldmann, auf dem hier viele Hoffnungen ruhen.
       Vielleicht zu viele. Unter der Brücke, auf der die Kundgebung unter dem
       Lärm von Trillerpfeifen und Trommeln zu Ende geht, prangt ein frisches
       schwarzes Graffiti auf Backstein: „Der Kapitalismus stirbt.“
       
       24 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Arno Frank
       
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