# taz.de -- Positionierung: Großstadtzeitung für Hannover
       
       > Die "Neue Presse" will sich von der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung"
       > abgrenzen und eine "moderne, boulevardeske City-Zeitung" werden.
       
 (IMG) Bild: Konkurrenz für Bild und HAZ: die Neue Presse.
       
       BERLIN taz | Mit dem „Horror-Unfall auf der A 7“ lag die Titelseite der
       Neuen Presse (NP) am Dienstag ja schon voll auf dem neuen Kurs, die
       Schlagzeile hätte dabei ruhig noch etwas größer gekonnt: Ein bisschen
       lauter als seine hannoversch-zurückhaltende große Schwester Hannoversche
       Allgemeine Zeitung (HAZ) war das andere Blatt aus der Landeshauptstadt
       schon immer.
       
       Nun soll dieser Trend noch stärker werden: „Wir wollen aus der Neuen Presse
       eine moderne, boulevardeske City-Zeitung machen“, verkündet Chefredakteur
       Harald John im aktuellen Branchendienst Kontakter. Die NP soll sich so
       stärker von der HAZ abgrenzen – beide Blätter erscheinen im Madsack-Verlag.
       Und natürlich will man damit auch der Bild-Ausgabe Hannover LeserInnen
       abjagen. Anders als klassische Boulevardzeitungen verkauft sich die NP
       überwiegend per Abonnement, die Auflagenstatistik weist HAZ und NP nur
       gemeinsam aus (aktuell 192.000 Exemplare täglich im Raum Hannover), davon
       entfallen laut Verlag knapp 30 Prozent auf die NP.
       
       Die Ankündigung aus Hannover überrascht – und ist ein positives
       Gegenbeispiel zu vielen Ballungsräumen, in denen zwei oder mehr Titel aus
       einem Verlag erscheinen. Während in Bremen früher Weser-Kurier und Bremer
       Nachrichten redaktionell getrennten waren, sind nach jahrelanger Annäherung
       beide Titel seit Sommer 2010 endgültig identisch; solche Beispiele gibt es
       viele. Die bald auch völlig unterschiedliche Ausrichtung von HAZ und NP
       garantiert dagegen eher die redaktionelle Parallelexistenz beider Titel.
       
       Experten bewerten die Aussichten einer boulevardigeren NP zudem nicht
       schlecht: „Wenn sie richtig gut sind, ist da was gegen Bild zu holen“, sagt
       Horst Röper vom Dortmunder Formatt-Institut. Eine „Großstadtzeitung für
       Hannover“ könne funktionieren, so Röper, „das sieht man am Express in
       Köln“. Das Boulevardblatt des Dumont-Konzerns habe direkt in der Domstadt
       eine höher Auflage als die Bild-Ausgabe Köln, „Bild ist dafür im Umland
       stärker“.
       
       Und ganz unbeleckt in Sachen Boulevard ist Madsack auch nicht: Das seit der
       vollständigen Übernahme einer ganzen Reihe von Springer-Regionalblättern
       2009 fünftgrößte Zeitungshaus Deutschlands hatte schon kurz nach der
       Wiedervereinigung versucht, Bild in den neuen Bundesländern Paroli zu
       bieten. Gemeinsam mit Dumont gab Madsack dort eine – allerdings nur
       kurzlebige – Boulevardzeitung heraus, die bis 1992 erschien. Ihr Titel:
       Neue Presse-Express.
       
       Wenn die NP dann noch ihre heutigen Stärken wie die gute
       Auslandsberichterstattung ins „neue“ Leben mitnimmt – siehe Artikel und
       Kommentar zu Ägypten in der gestrigen Ausgabe – wäre das nichts weniger als
       ein weiteres Beispiel für den angeblich nicht existierenden, guten
       Boulevard.
       
       26 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Steffen Grimberg
       
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