# taz.de -- Video der Woche: Ukrainische Stangenakrobatik
       
       > In der Ukraine gibt es für Jugendliche kaum öffentliche Infrastruktur.
       > Doch die „Turnikman“ sind erfinderisch und nutzen alte Reckstangen für
       > ihr Freizeitvergnügen.
       
 (IMG) Bild: Aus der Not geturnt: Die „Turnikman“ in Lwiw.
       
       In den letzten Jahren ist es in der Ukraine zum Trend geworden, auf
       öffentlichen Plätzen zu turnen. Die ukrainischen Turnikman treffen sich
       unter anderem im westukrainischen Städchen Sambir, [1][wie in diesem
       Video]. Das Städtchen mit 35.000 Enwohnern liegt 75 km südwestlich von
       Lwiw, unweit der polnischen Grenze.
       
       Turnikman turnen an Stangen auf Spielplätzen. Selbstorganisiert und
       zufrieden mit bescheidenen Reckkonstruktionen trainieren sie mit Kollegen
       aus anderen Orten und treten bei TV-Shows mit ihren Turnperformances auf.
       
       Turnikman haben auch eine eigene Philosophie: „workouting“. Da geht es um
       Leibesübungen, die auf Kraft und Ausdauer ausgerichtet sind. Wichtig ist
       ihnen dabei das Kreative: immer neue Übungen und Kombinationen werden
       ausprobiert. Das ukrainische „Workout“ ist von der gleichnamigen
       amerikanischen sozialen Bewegung entlehnt, die Jugendliche durch
       regelmäßige konstenfreie und offene Übungen und Schautrainings in Schulen
       motivieren wollen.
       
       Den Workoutern geht es nicht nur um einen schönen Körper, sondern auch um
       die gesunde Ernährung, Selbstbestimmung und den Verzicht auf Alkohol und
       Zigaretten. Die Jungs - Mädchen gibt es unter den Straßenturnern kaum -
       sind gut vernetzt, auch mit ihren russischen Kollegen, und organisieren
       sogar nationale Meisterschaften.
       
       In der Ukraine gibt es kaum öffentliche Infrastruktur für Jugendliche. Die
       Turnikman kommen jedoch mit den alten postsowjetischen Recken aus
       unbiegsamen Metallen ziemlich gut klar. In jedem ukrainischen Städchen gibt
       es diese alte Turnstangen, die zu einem Treffpunkt für vernachlässigte
       Jugendliche geworden sind. Sie erhalten keine Unterstützung und sind
       ständig mit Gewalt, Armut und Süchten konfrontieren. Diese dramatischen
       Verhältnisse bewegen sie dazu, ein neues Selbstbild zu entwickeln und die
       Gleichaltrigen zu beschäftigen.
       
       Während der Staat immer noch über eine „gesunde Lebensweise” als einzige
       Strategie der Jugendpolitik redet, praktizieren die Jugendgruppen das
       längst. Und ihr Geist muss in ihrem trainierten Körper selbst für sich
       sorgen.
       
       29 Jun 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://vimeo.com/44373064
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katerina Mishchenko
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Fußball-EM 2024
       
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