# taz.de -- Verschärftes Strafrecht in Ungarn: Zum Schutz der heiligen Stephanskrone
       
       > Ungarn hat ein neues Strafgesetzbuch. Darin finden sich
       > Strafverschärfungen, großzügigere Notwehrregelungen und viel
       > Nationalismus.
       
 (IMG) Bild: Vor allem gegen sie richtet sich das neue Strafgesetzbuch: Ungarische Roma.
       
       WIEN taz | „Lebenslänglich“ wird in Ungarn nicht mehr 20, sondern 25 Jahre
       heißen, wenn das neue Gesetzespaket in einem Jahr in Kraft tritt. Diese
       Verschärfung steht in Einklang mit der allgemeinen Tendenz des Gesetzbuchs,
       kriminelle Handlungen härter zu bestrafen.
       
       Bei „besonders schwerer Schuld“ und Wiederholungsgefahr kann das Gericht
       sogar eine „Freilassung erst nach 40 Jahren“ verfügen, ohne ein
       psychologisches Gutachten einzufordern. Für den Fall, dass der Europäische
       Gerichtshof solche Urteile beanstandet, wurde vorsorglich der Passus
       eingefügt: „… sogar wenn das Verfassungsgericht oder internationale
       Gerichte die lebenslange Verwahrung untersagen“.
       
       Die regierende rechtsnationale Fidesz konnte die Opposition nicht von ihrem
       Werk überzeugen. Als bedenklich wurde vor allem auch die neue Regelung für
       Notwehr eingestuft. Danach gilt selbst die Tötung eines Eindringlings als
       legitim, wenn dieser bei Nacht in Haus oder Garten überrascht wird.
       Kritiker meinen, diese Bestimmung richte sich vor allem gegen Angehörige
       der Roma-Minderheit, die oft pauschal als „Hühnerdiebe“ abqualifiziert
       werden.
       
       Während in Westeuropa der Trend in Richtung Entkriminalisierung kleiner
       Drogenvergehen geht, werden in Ungarn Besitz und Weitergabe selbst kleiner
       Mengen Cannabis mit Gefängnis bedroht. Wer mit einem Joint erwischt wird
       und diesen vielleicht in der Runde kreisen lässt (Weitergabe!), dem drohen
       mehrjährige Haftstrafen.
       
       Erfahrungsgemäß sind Richter in Bezirken, wo die rechtsextreme Partei
       Jobbik dominiert, besonders streng. Die neue Prozessordnung macht es
       möglich, dass Verfahren ohne Begründung einem beliebigen Gericht zugewiesen
       werden.
       
       Besonderen Schutz wird künftig die mittelalterliche Krone des Heiligen
       Stephan genießen, der die Ungarn zum Christentum bekehrte. Die Krone des
       Nationalheiligen wurde von Ministerpräsident Viktor Orbán vom Museum ins
       Parlament geholt. Auf „Beleidigung der Heiligen Krone“, etwa durch Witze
       oder Karikaturen, steht künftig bis zu einem Jahr Haft.
       
       30 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
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